Die Meinungsfreiheit von Athlet*innen

Politisch bewusste Athlet*innen können die Doppelmoral und das merkwürdige Demokratieverständnis des IOC nur schwer akzeptieren. Athlet*innen stellen vermehrt den Verband in Frage, was wenig überraschend ist und eher eine logische Konsequenz des widersprüchlichen Verhaltens des IOC.   

Meinungen von Athlet*innen sind wie die der Bürger Tatsachenbehauptungen oder Werturteile, die begründet oder unbedacht getätigt werden, konstruktiv oder destruktiv sind, erhellend oder sinnfrei erscheinen. Sie sorgen im Sport und durch den Sport für Aufsehen. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit den angesprochenen Themen kann hilfreich sein, um problematischen und kontroversen Aspekten Aufmerksamkeit zu geben. Diesem positiven Effekt des Sports sollte auch das IOC Anerkennung schenken. Ein/e Athlet*in begibt sich mit einem Werteurteil in die Öffentlichkeit und muss sich auch möglicher Konsequenzen bewusst sein. Nicht jede Meinungsäußerung in der Öffentlichkeit wird von dieser auch gefeiert oder gelobt, es kann auch zu Gegenreaktionen kommen, scharfe Kritik hervorrufen. Athlet*innen, die sich öffentlich äußern, müssen mit Gegenrede rechnen. Auch für sie gilt, dass die Meinungsfreiheit zwar ein elementares Grundrecht und Schutzrecht der Bürger*innen gegenüber dem Staat ist, jedoch schützt es nicht vor Widerspruch. Besonders die sozialen Medien erlauben heutzutage den Zuschauern eine mikroskopische Beobachtung der Athlet*innen.  

Dem Prinzip der freien Meinungsäußerung muss sich auch der global agierende Weltverband des Sports stellen. Das IOC will mit seinen Wettkämpfen Menschen friedlich zusammenbringen und die Kommunikation zwischen den Nationen stärken; wie kann es sich gleichzeitig seiner Verantwortung hinsichtlich dieser Werte entziehen? Diskriminierende politische Äußerungen jeglicher Art, Populismus oder Propaganda gehören in diesem Zusammenhang zu den Gefahren von Freiheit und Demokratie und sind abzulehnen. Es obliegt aber nicht dem IOC das Grundrecht der freien Meinungsäußerung grundsätzlich aufgrund der Durchsetzung einer höheren bzw. „besseren“ Moral des Sports einzuschränken, denn diese ist eine akzeptierte Norm in Demokratien. 

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Die Evolution des mündigen Athleten in den USA – Trump vs. Sportler – Wer zwingt wen in die Knie?

Alles begann mit dem stillen Protest Colin Kaepernicks im Spätsommer 2016 – erst saß er, später kniete er, um auf die Polizeibrutalität in den USA aufmerksam zu machen. Die Wahrscheinlichkeit für einen Afro-Amerikaner in den USA durch die Kugel eines Polizisten getötet zu werden, ist fünf Mal höher als für weiße Staatsbürger. Diese Tatsache ist schwer hinnehmbar und nicht akzeptabel. Deshalb begann Kaepernick seinen Protest im Sitzen, nach einem Gespräch mit einem Soldaten entschied er sich, niederzuknien. Bis heute betont Kaepernick sein Protest gelte nicht dem Militär.

AUSLÖSER

Die grassierende Polizeigewalt und die schockierenden Morde an unschuldigen unbewaffneten Afro-Amerikanern in den USA waren der Auslöser für seinen Protest. Kaepernick sah sich gezwungen, ein Zeichen zu setzen. Besonders die Tode von Philando Castile, Alton Sterling und Tamir Rice erschütterten ihn und die Öffentlichkeit. Hinsichtlich seiner Gesellschaftskritik war Kaepernick äußerst konkret. Deutlich konkreter als Bewegungen wie Black Lives Matter, die wichtig sind, doch in der Öffentlichkeit abstrakter wirken. Seit dem Beginn des Protestes von Kaepernick wurden in den USA bis heute 41 unbewaffnete Menschen erschossen.

Comic by Khalid Albaih

TRUMP EFFEKT

In der vergangenen Woche kam es dann zum Trump-Effekt innerhalb dieser gesellschaftlich relevanten Diskussion. Erstmals äußerte sich US-Präsident Trump bei einer eigenen Wahlveranstaltung in Alabama und kritisierte den Protest der Athleten während der Nationalhymne. Er bezeichnet den Protest der Athleten gegenüber der Hymne und Flagge als respektlos und betitelte die Spieler als Hurensöhne, zudem forderte er die NFL Besitzer – einige von ihnen öffentliche Trump-Supporter bzw. Freunde (Jerry Jones, Besitzer der Dallas Cowboys unterstützte den Trumps Wahlkampf einst mit 1 Mio. Dollar und war selbst Teil eines „segregated teams“ im College, einem „nur weiße Spieler-Team“) – auf, protestierende Spieler zu feuern. Nun legt Trump abermals nach und behauptet, die Besitzer fürchten sich vor ihren Spielern.

VOR TRUMPS ÄUßERUNGEN

Bevor Trump die Geschehnisse monierte, war die Anzahl an kritischen Äußerungen seitens der Athleten überschaubar. Etwa zehn Sportler wie Doug Baldwin, Michael Bennett, Malcolm Jenkins oder Colin Kaepernick äußerten sich in den letzten Monaten kontinuierlich und ausdauernd zum alltäglichen Rassismus und der Polizeigewalt. Spieler wie Doug Baldwin von den Seattle Seahawks oder Malcolm Jenkins (streckt vor jedem Spiel als Protest die Faust in den Himmel) von den Philadelphia Eagles, initiierten in dieser Zeit in Kooperation mit der Polizei Aufklärungsprogramme und entwickelten sog. Grass-Roots-Projekte (eine gesellschaftliche Initiative, die aus der Basis der Bevölkerung entsteht) um die Bevölkerung zu einem konstruktiven Miteinander mit der Polizei zu bringen. Zudem fordern sie eine bessere Ausbildung für Polizisten.

Timeline Colin Kaepernick
Colin Kaepernick Protest Timeline (2016)

Timeline Colin Kaepernick Protest (Download pdf)

Vermutlich war es Trumps Plan, mit seinen Äußerungen die Aktivisten unter den Spitzensportlern zu isolieren bzw. zu diskreditieren und sie so womöglich aus ihren Arbeitsverträgen und ihren Positionen in der Öffentlichkeit zu verdrängen.

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From 1964 to 2020

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University of Florida Doctoral Fellow

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