Frust über das System Sportdeutschland – Die Teile 1 bis 8 – In 2017 geht es weiter…

Weitere Teile zur Spitzensportreform 2016/2017:

Teil 8: Der Zwang zum Staatssport – Die Spitzensportförderung innerhalb der Bundeswehr im Fokus. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/12/23/der-zwang-zum-staatssport-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-8/

Teil 7:“ Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“ – Wie unabhängig sollte eine Athletenkommission sein? Frust über das System Sportdeutschland (Teil 7) Link: https://derballluegtnicht.com/2016/12/01/das-geheimnis-der-freiheit-ist-der-mut-wie-unabhaengig-sollte-eine-athletenkommission-sein-frust-ueber-sportdeutschland-teil-7/

Teil 6: Spitzensportförderung – Es könnte so einfach sein – Das Spitzensportgeld – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 6) Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/29/spitzensportfoerderung-es-koennte-so-einfach-sein-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-6/

Teil 5 : Thema: Athletenfokussierung.Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-5/

Teil 4: Themen: Das Potentialanalysesystem PotAS und die Folgen bzw. Fragen, Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/07/die-potentialanalyse-potas-und-die-folgen-bzw-fragen-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-4/

Teil 3: Themen= die Dokumente zur Leistungssportreform, Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB, Die Aufgabe der Laufbahnberater, Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport, Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile, Förderung durch die Bundeswehr. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/30/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-3-das-eckpunktepapier/

Teil 2: Themen: Vorraussichtliche Fördersummen 2017,Leistungssportreform – Was bis heute bekannt ist, Die duale Karriere und der DOSB/ adh. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/25/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-2/

Teil 1: Themen=Ausbeute bei Olympia, die Athleten, das Strategiepapier, Die neuen Cluster 1-3, Kampf hinter den Kulissen. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/08/23/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-1/

Der DOSB und seine Spitzensportreform: Weniger ist mehr? Link: https://derballluegtnicht.com/2016/12/21/der-dosb-und-seine-spitzensportreform-weniger-ist-mehr/

Weitere Themen auf http://www.derballluegtnicht.com aus 2016:

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Foto (Quelle): https://www.flickr.com/photos/familymwr/28453220414/

Der Zwang zum Staatssport – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 8)

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Bundeswehrsoldaten (Foto: Andreas Cappell / modifiziert)

Kommentar: In dem folgenden Artikel geht es nicht darum, den Sportsoldaten in Misskredit zu bringen, sondern vielmehr strukturelle Schwächen dieser Fördermaßnahme aufzudecken. Auch geht es nicht darum, diese Fördermaßnahme in Gänze zu diskreditieren oder abzuschaffen. Vielmehr geht es darum, Fördersummen für den Spitzensport nach den tatsächlichen Berufsinteressen der Athleten zu verteilen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass über 20% der Athleten Berufssoldaten werden möchten. Dieser Wunsch besteht in der Gesamtbevölkerung ebenfalls nicht. Sollte ein Athlet den Wunsch nach einer Karriere innerhalb der Bundeswehr haben, sollte er auch die Möglichkeit einer Berufsausbildung bei den Streitkräften erhalten, um somit auch nach der spitzensportlichen Karriere innerhalb der Bundeswehr arbeiten zu können.

Das Bundesministerium der Verteidigung erhält über 60 Millionen Euro für die Sportförderung der Bundeswehr, über die Hälfte werden exklusiv in die Spitzensportförderung investiert. Über ein Fünftel des aktuellen Gesamtetats für den Spitzensport in Deutschland ist somit für ca. 800 Athleten in der Bundeswehr. Die exklusiven Förderplätze werden durch den DOSB und das Streitkräfteamt in Relation zu den Förderkontingenten für olympische und nicht-olympische Spitzenverbände verteilt, dabei sind ca. 20 Millionen Euro der insgesamt über 30 Millionen Euro für Personalkosten der Spitzensportler vorgesehen (vgl. Bundesministerium des Inneren, 2011, Anlage 4).

Im Bundeswehrhaushalt wird die Fördersumme des Sports bzw. Spitzensports nicht explizit aufgeschlüsselt, was eine Effizienzüberprüfung auch nach der aktuellen Spitzensportreform unmöglich macht. Inoffiziell gehen Mitarbeiter jedoch von einer Gesamtsumme von bis zu 100 Millionen Euro im Jahr aus. Die Angaben der Bundeswehr belaufen sich auf rund 60 Millionen Euro. Diese Zahlen verdeutlichen die gute finanzielle Situation der Athleten während ihrer Karriere bei der Bundeswehr (vgl. Bendrich, 2015, 81).

Weiterlesen „Der Zwang zum Staatssport – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 8)“

Der DOSB und seine Spitzensportreform – Weniger ist mehr?

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Goldmedaillen der Olympischen Spiele in London 2012 (photo: Tony Hiskett)

Kurz vor der Veröffentlichung des Teil 8 (23.12.2016, hier auf http://www.derballluegtnicht.com) der Serie „Frust über das System Sportdeutschland“ zunächst ein kurzer Überblick über aktuelle Entwicklungen im deutschen Spitzensport. Die Serie „Frust über das System Sportdeutschland“ wird in den nächsten Wochen weitere Teilaspekte der Spitzensportreform analysieren.

Das Ansehen des internationalen Spitzensports verliert auch in den letzten Wochen des Jahres weiter an Wert. Trotz der internationalen Skandale des Jahres 2016 und der umfangreichen Dopingvergangenheit in West- und Ostdeutschland scheint die Goldmedaille beim Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und dem Bundesministerium des Inneren weiterhin nicht an Anziehungskraft zu verlieren. Vielmehr werden durch die aktuellen Zielformulierungen nach mehr Medaillen vergleichbare dopingbehaftete internationale Systeme auch in Deutschland indirekt eingefordert. Der DOSB und das Bundesministerium des Inneren wollen den deutschen Spitzensport wieder international erfolgreich machen – mit einer Reform der Sportförderung, die Medaillen und den maximalen Erfolg in das Zentrum setzt. Doch bei den Sportlern herrscht Sorge und Ungewissheit. Viele Sportler haben Angst vor der Zukunft.

Von dieser Angst war jedoch auf der Mitgliederversammlung des DOSB weder etwas zu spüren noch zu hören. Vielmehr wurden am Freitagabend der Mitgliederversammlung jegliche Dissonanzen geglättet, sodass  bereits am Samstagmorgen die Einheit des organiserten Sportes abermals präsentiert werden konnte. Der Spitzensport (hinsichtlich seiner Verbände und Funtionäre)  stand  einmal mehr zusammen, um die Steuermillionen des Bundesministerium des Inneren zu erhalten. Die DOSB-Mitglieder haben die Spitzensportreform auf der 13. DOSB-Vollversammlung in Magdeburg mit überwältigender Zustimmung beschlossen. Für das umstrittene Konzept sprachen sich 433 der 439 anwesenden Mitglieder aus. Es gab lediglich fünf Enthaltungen sowie eine Gegenstimme durch die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG).

Abermals kam auch nach Ansicht der Deutschen Olympischen Gesellschaft und  des Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbandes die Frage nach dem Wert des Sports innerhalb der Gesellschaft deutlich zu kurz. Eine einzige Gegestimme verdeutlicht den Ist-Zustand des organiserten Sports.

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„Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“ – Wie unabhängig sollte eine Athletenkommission sein? Frust über Sportdeutschland (Teil 7)

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Kette oder Ringe – Was ist der Olympische Gedanke?  (Photo: Ian Burt)

Eine Athletenvertretung, die ernstgenommen und auf Augenhöhe mit den Verbänden argumentieren möchte, muss vollständig unabhängig sein und sich die Worte Perikles’ zu Herzen nehmen. Aktuell setzen sich die Athletenvertreter zwar für eine Unabhängigkeit ein, aber mit dem Wissen, ein persönliches biographisches Risiko einzugehen, agieren sie vorsichtig. Die meisten Athleten sind traditionell Einzelkämpfer, verhalten sich aufgrund ihrer fehlenden Erfahrungen unmündig und zurückhaltend und werden nicht selten ausschließlich durch das System selbst beraten. Kritisches Denken kommt durch die gegebenen Machtstrukturen oft zu kurz. Zudem sind die Sportler in den aktuellen Strukturen des Systems sozialisiert und haben nur in diesem Rahmen Erfahrungen gesammelt. Sie wissen, dass jede Äußerung Auswirkungen auf die Förderung haben kann. Das Monopol der Verbände macht es einem Athleten unmöglich, sich unabhängig von einem Verband für sportliche Wettkämpfe zu qualifizieren. Kritische Athleten werden nach ihrer Karriere oft nicht für weitere Aufgaben im Spitzensport herangezogen. Zudem fehlen den Athletensprechern die nötigen zeitlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die Legitimation einer echten Interessensvertretung, um dem DOSB die Stirn zu bieten.

Die Athleten bewegen sich in einem historisch gewachsenen System der Abhängigkeiten, das seine Athleten durch die Förderung über die Verbände hörig macht. Der Athlet wird durch die Fokussierung auf Medaillen weiter „entmündigt“. Sowohl national und international haben die Athleten bis heute keine eigene, unabhängige Stimme (keine Interessensvertretung bzw. international gibt es bereits Optionen, die sich jedoch bis heute auf Teilbereiche oder einzelne Sportarten beziehen). Sie werden durch das Monopol der Spitzenverbände klein gehalten und haben z.B. im DOSB hinsichtlich der Fragen der Vermarktung, die Athletinnen und   Athleten betreffen, lediglich Mitspracherecht, können z.B. während Olympia durch den Paragraphen 40 der olympischen Charta als Vertragsknechte bezeichnet werden, da sie lediglich für Unterkunft, Essen, Transport “entschädigt“ werden und parallel die Sponsoren ihres Dachverbandes präsentieren. Von den Einnahmen der Wettkämpfe erhalten sie nichts.

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Spitzensportförderung – Es könnte so einfach sein – Das Spitzensportgeld – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 6)

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Leichtathletikevent im Berliner Olympiastadium (Foto @akiwitz /flickr)

Der DOSB und das BMI präsentieren in ihrem neuen Entwurf wenig neue Impulse. Die Förderung der Athleten soll weiterhin über die Verbände und verschiedenen Institutionen laufen (siehe Lieber Karriereende als Spitzensport (Der Ball  Lügt Nicht)) und erinnert in vielen Bereichen an die Sportförderung der DDR. Nicht der Athlet steht im Fokus, sondern die Medaille, und damit der Erfolg um jeden Preis. Wie in der Vergangenheit in den alten Förderprogrammen besteht die Gefahr, dass ein Großteil der finanziellen Mittel nicht bei den Athleten direkt ankommt. Einer echten Reform bedarf es neuer Wege, die den Finanzfluss transparent und die Athleten unabhängiger machen. Auch Spitzensportler sind unterschiedliche Lerntypen und Persönlichkeiten. Um den Einfluss der Athleten zu stärken, wäre die jetzt scheinbar angestrebte Unabhängigkeit der Athletenkommission vom DOSB mehr als sinnvoll (siehe Unabhängigkeit sieht anders aus (Deutschlandfunk)). Sie ist für zukünftige sinnvolle Förderungen von Athleten und einem transparenten Sport sogar ein Muss. Ohne diese Unabhängigkeit bleiben die Athleten weiterhin in den verstaubten Strukturen der Funktionäre/ Verbände gefangen. In den vergangenen Jahren war die Partizipation der Athleten stark limitiert.

Der folgende Vorschlag plädiert nicht für eine einzige Fördermaßnahme und will nicht alle aktuellen Strukturen kritisieren, sondern will vielmehr für unterschiedliche Fördermöglichkeiten werben, da nicht für alle Athleten die gleichen Voraussetzungen bestehen. Es muss auf die Vielfalt der Athleten Rücksicht genommen werden.

Eine Möglichkeit wäre in diesem Zusammenhang revolutionär und würde den Athleten nicht nur in den Fokus katapultieren, sondern seinen Einfluss als wichtigen Bestandteil des Spitzensports manifestieren und den Sportler gleichzeitig in die Verantwortung rücken.

„Die Variante des Spitzensportgeldes, die durch Langer (2006a/ b) für den Breitensport als „Sportgeld“ vorgeschlagen wurde, ist eine ernstzunehmende Alternative zur jetzigen objektorientierten Regelung. Die folgende Konzeption basiert auf Langers Überlegungen zum Sportgeld“ (Bendrich, 2015, 439). Das Spitzensportgeld ist eine direkte finanzielle Förderung ohne Zwischenstationen. Die Athleten erhalten die finanzielle Förderung direkt und müssen dann selbstständig über die Verwendung entscheiden; welche Personen und Institutionen sie damit finanzieren möchten. „Ein Spitzensportgeld ist personenbezogen, rückt die Spitzensportler ins Zentrum und fällt aufgrund der hohen Belastungen und Aufwendungen im Spitzensport höher aus als im Breitensport (vgl. Langer, 2006b, 59). Auch „(…) bei einer solchen Variante müssen Zwischenziele gesetzt werden, die zu einer höheren Wahrscheinlichkeit des Erreichens des Hauptziels, dem Erfolg in der dualen Karriere, beitragen. Eine Zweckbindung schließt eine generelle Wahlfreiheit des Athleten nicht aus.“ Somit „sollte bei einer vollständigen subjektorientierten Förderung ein Teil der Fördersumme in die vom Sportler selbst gewählte Ausbildung und der andere Teil in seine spitzensportliche Förderung fließen“ (Bendrich, 2015, 469). Die Förderung zielt auf die duale Karriere und nicht auf eine singuläre Karriere ab. Dem Athleten bleibt es überlassen, welche Ausbildung/ Beruf er ausüben möchte und parallel erhält er im Leistungssport die Entscheidungsfreiheit über Trainer, Trainingsort und Wahl der Wettkämpfe.

„Können sich die Athleten direkt für ein Spitzensportgeld bewerben und gehen die finanziellen Mittel unmittelbar an die Sportler, ist das Problem der objektorientierten Förderung, dass Zuweisungen nicht beim Einzelnen landen, nicht mehr im gleichen Maße gegeben“ (Bendrich, 2015, 469-470). In einem Interview mit dem Focus kritisierte Fabian Hambüchen „Die Verbände raffen lieber selber alles zusammen, was sie kriegen können, und geben uns Peanuts.(..) Ohne uns Spitzensportler aber würden die Verbände kein Sponsorengeld verdienen, also müssen die Sportler entsprechend vergütet werden“, forderte der 28-Jährige (siehe Focus (Kurzfassung), 2016).

Die Kritikpunkte durch Fabian Hambüchen würden durch eine solche Förderung wegfallen. „Eine direktere (…) Förderung der Nachwuchstalente wird geschaffen, bei der der Staat durch sein Eingreifen verteilungspolitisch aktiv wird (vgl. Eickhoff, 1993). Für spitzensportliche Leistungen sind Bedingungen wie Sportstätten, Sportausrüstungen, Trainer und Betreuer und ein Zeitbudget Voraussetzungen (vgl. Langer, 2006b, 62). Die Förderung der dualen Karriere erfordert wesentlich mehr. Wird das Spitzensportgeld parallel an ein Studium oder eine Berufsausbildung geknüpft, übernimmt der Staat seine Obhutspflicht und verdeutlicht die Absicht und Verantwortung, den Sportler als „Zweck“ der Sportförderung zu sehen“ (Bendrich, 2015, 470). Dies wäre eine moderne und transparente Sportförderung in einer weltoffenen und demokratischen Gesellschaft.

„Eine gezieltere Förderung scheint nur subjektorientiert möglich. Die Zahlungen werden unmittelbar an Sportler getätigt, unabhängig von der gewählten Ausbildung. Die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit wird gefördert und der „mündige Athlet“ kann sich entwickeln. Auch hier sind Zielvereinbarungen zu definieren, die eine Kombination von sportlichen und bildungstechnischen Aspekten verlangen, jedoch wird der Sportler von diskriminierenden, nicht nachvollziehbaren verbandspolitischen Entscheidungen verschont. Auf diesem Weg gelingt es dem Staat, den einzelnen Athleten zu motivieren und finanzielle Einbußen auf dem Weg zum Spitzensportler zu unterbinden. Die Zielgenauigkeit kann gesteigert werden und der Fixpunkt des Systems wird der Spitzensportler selbst (Bendrich, 2015, 470).

„Das Spitzensportgeld für die duale Karriere wird zweckgebunden direkt an die Spitzensportler ausgezahlt. Die spitzensportlichen Aktivitäten garantieren dem Sportler staatliche, anteilige Erstattungen. Der Sportler selbst entscheidet, welchem System, das heißt welchem Verein und welcher Hochschule (als Ausbildungsbeispiel) oder Institution (z.B. Bundeswehr, Polizei) er sich anschließen möchte. Das Verbandssystem als Anbieter muss sich den Anforderungen der Athleten anpassen, der „Kunde“ Spitzensportler wird zum „König“ (vgl. Langer, 2006b, 68-69). Hinsichtlich des Umfangs des Spitzensportgeldes sollen Alter, Bildung, soziales Umfeld und Einkommen als limitierende Faktoren mit einbezogen werden. Um einen höheren Konkurrenzdruck zu schaffen und Kosten zu senken, sollten diese finanziellen Mittel auch an private und nicht verbandszugehörige Sportanbieter weitergeleitet werden dürfen. Der Spitzensportler entwickelt in dieser Situation ein Eigeninteresse, die finanziellen Mittel möglichst effektiv für verschiedene Dienstleistungen einzusetzen. Die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs wird minimiert.

„Für die Erstattung des Spitzensportgeldes müssen entweder administrative Strukturen und eine Spezialkompetenz geschaffen werden oder die Deutsche Sporthilfe könnte als bereits bestehende Institution eine solche Distribution übernehmen. Es erscheint sinnvoll, Obergrenzen für die unterschiedlichen Dienstleistungen (z.B. physiotherapeutische Betreuung) festzulegen, um so auch die Verbände bzw. Dienstleister zu einem Konkurrenzdenken zu zwingen. Auch in Zukunft ist eine Selbstbeteiligung seitens der Spitzensportler in diesem Modell wahrscheinlich. Hinsichtlich des Verwaltungsaufwands eines solchen Spitzensportgeldes können keine gesicherten empirischen Ergebnisse präsentiert werden.

Denkbar ist, das Spitzensportgeld in Kombination mit reduzierten objektsubventionierten Projekten innerhalb der Universitäten, Bundeswehr, Polizei, Zoll zu etablieren. Objektorientierte Programme sollten sich nach der Anzahl der Anfragen der Athleten richten und damit selbst begrenzen (Bendrich, 2015,470).

Hier finden sie die Links zu den ersten fünf Teilen der Serie „Frust über das System Sportdeutschland“.

Teil 5: Thema: Athletenfokussierung.Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-5/

Teil 4: Themen: Das Potentialanalysesystem PotAS und die Folgen bzw. Fragen, Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/07/die-potentialanalyse-potas-und-die-folgen-bzw-fragen-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-4/

Teil 3: Themen= die Dokumente zur Leistungssportreform, Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB, Die Aufgabe der Laufbahnberater, Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport, Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile, Förderung durch die Bundeswehr. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/30/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-3-das-eckpunktepapier/

Teil 2: Themen: Vorraussichtliche Fördersummen 2017,Leistungssportreform – Was bis heute bekannt ist, Die duale Karriere und der DOSB/ adh. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/25/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-2/

Teil 1: Themen=Ausbeute bei Olympia, die Athleten, das Strategiepapier, Die neuen Cluster 1-3, Kampf hinter den Kulissen. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/08/23/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-1/

Literatur:

Langer, M. (2006a): Öffentliche Förderung des Sports: Eine ordnungspolitische Analyse. Berlin: Duncker & Humblot.
Langer, M. (2006b): Das Sportgeld: Instrument einer subjektorientierten Sportförderung. In: Thöni, E., Buch, M.-P., Kornexl, E. (Hrsg.) (2006): Effektivität und Effizienz öffentlicher Sportförderung. Schorndorf: Hofmann, 59-76.

Analyse zur Spitzensportreform 2016– Frust über das System Sportdeutschland

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Hier finden sie die Links zu den ersten fünf Teilen der Serie „Frust über das System Sportdeutschland“. Teil 6 der Reihe „Frust über das System Sportdeutschland“ zur Reform des olympischen Hochleistungssportsystems in Deutschland folgt aufgrund der vielen Nachfragen bereits in dieser Woche (25.10-27.10.2016). Hier folgt der wohl bis jetzt wichtigste Teil der Serie, da er sich mit der Athletenfokussierung des Reformpapiers auseinandersetzt.

Teil 5: Thema: Athletenfokussierung.Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-5/

Teil 4: Themen: Das Potentialanalysesystem PotAS und die Folgen bzw. Fragen, Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/07/die-potentialanalyse-potas-und-die-folgen-bzw-fragen-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-4/

Teil 3: Themen= die Dokumente zur Leistungssportreform, Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB, Die Aufgabe der Laufbahnberater, Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport, Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile, Förderung durch die Bundeswehr. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/30/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-3-das-eckpunktepapier/

Teil 2: Themen: Vorraussichtliche Fördersummen 2017,Leistungssportreform – Was bis heute bekannt ist, Die duale Karriere und der DOSB/ adh. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/25/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-2/

Teil 1: Themen=Ausbeute bei Olympia, die Athleten, das Strategiepapier, Die neuen Cluster 1-3, Kampf hinter den Kulissen. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/08/23/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-1/

Zweifel an der Spitzensportreform – Ein Überblick

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Der Förderzyklus (Spitzensportreform 2016)

Zum Freitag ein Presseüberblick zur aktuellen Spitzensportreform 2016, die diese Woche den Verbänden vorgestellt worden ist. Dabei kam es zu ganz unterschiedlichen Reaktionen:

  1. Titel: Spitzensport-Reform: Der Mehrkampf ums Geld hat begonnen. Link: http://www.faz.net/-gtl-8mkzv#GEPC;s3 @faznet
  2. Titel: Neues Spitzensportkonzept: Goldesel – streck dich! Link: http://www.faz.net/-gtl-8lyg7#GEPC;s3 via @faznet
  3. Titel: Kritik an Spitzensportreform – „Nicht nur nach Medaillen streben“ – Die Reform des deutschen Spitzensports sorgt weiter für Diskussionen (Sportpolitik National) Link: http://www.handelsblatt.com/14710902.html?share=twitter
  4. Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber- Teil 6 der Reihe „Frust über das System Sportdeutschland“ zur Reform des olympischen Hochleistungssportsystems in Deutschland folgt nächste Woche (23.10-27.10.2016).
  5. Neues Spitzensportkonzept Goldesel – streck dich! Michael Reinsch, Berlin, Link: http://www.germanroadraces.de/24-0-47665-neues-spitzensportkonzept-goldesel–streck-dich-michael.html
  6. Titel: Bundestag Sportausschuss – Wissenschaftler zweifeln an Teilen der Spitzensportreform Link: http://www.leichtathletik.de/news/news/detail/wissenschaftler-zweifeln-an-teilen-der-spitzensportreform/
  7. Titel: Der Deutsche Olympische Sportbund : Spitzensportreform: Sport zeigt Schulterschluss Link: http://www.dosb.de/de/leistungssport/spitzensport-news/detail/news/spitzensportreform_der_sport_zeigt_schulterschluss/#.WAn7gJj3wEk.twitter
  8. Titel: Mehr Geld für Medaillen: Die deutsche Sportförderung wird sich künftig ganz gezielt am potenziellen Erfolg orientieren. Heißt: Wer keine Aussicht auf Medaillen hat, wird leer ausgehen. Link: http://www.zeit.de/sport/2016-09/spitzensport-reform-deutsche-sportler-medaillen-olympische-spiele
  9. Titel: Özcan Mutlu (Grüne) zur Spitzensportreform – „Das wird nach hinten losgehen“ Link: http://www.deutschlandradiokultur.de/oezcan-mutlu-zur-spitzensportreform-das-wird-nach-hinten.966.de.html?dram:article_id=368718
  10. Titel: Kontroverse um die Spitzensportreform – Siegerflieger oder Holzklasse? Link: http://www.deutschlandfunk.de/kontroverse-um-die-spitzensportreform-siegerflieger-oder.2796.de.html?dram:article_id=369017
  11. Titel: Spitzensport-Reform: Um diese geplanten Änderungen wird gestritten  Link: http://www.ksta.de/24924080?dmcid=sm_tw

Analyse zur Spitzensportreform – Frust über das System Sportdeutschland

Teil 6 der Reihe „Frust über das System Sportdeutschland“ zur Reform des olympischen Hochleistungssportsystems in Deutschland folgt nächste Woche (23.10-27.10.2016). Hier folgt der wohl aktuell wichtigste Teil, da er sich mit der Athletenfokussierung des Reformpapiers auseinandersetzt.

Teil 5: Thema: Athletenfokussierung.Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-5/

Teil 4: Themen: Das Potentialanalysesystem PotAS und die Folgen bzw. Fragen, Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/07/die-potentialanalyse-potas-und-die-folgen-bzw-fragen-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-4/

Teil 3: Themen= die Dokumente zur Leistungssportreform, Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB, Die Aufgabe der Laufbahnberater, Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport, Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile, Förderung durch die Bundeswehr. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/30/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-3-das-eckpunktepapier/

Teil 2: Themen: Vorraussichtliche Fördersummen 2017,Leistungssportreform – Was bis heute bekannt ist, Die duale Karriere und der DOSB/ adh. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/25/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-2/

Teil 1: Themen=Ausbeute bei Olympia, die Athleten, das Strategiepapier, Die neuen Cluster 1-3, Kampf hinter den Kulissen. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/08/23/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-1/

Frust über das System Sportdeutschland (Teil 3) – Das kontroverse Eckpunktepapier und erste Erkenntnisse

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Goldmedaillen Olympischen Spiele (@Tony Hisgett)

In diesem Teil werden einzelne Punkte des Eckpunktepapiers analysiert. Die grundlegenden Aussagen des Eckpunktepapiers sind wenig überraschend und wurden bereits in den vergangenen Tagen nach und nach veröffentlicht und am Mittwoch im Sportausschuss präsentiert. Innerhalb des Papiers gibt es Abschnitte, die es genauer zu betrachten gilt. Einige der Erkenntnisse des Eckpunktepapiers sind wichtig und werden nach langer Zeit nun endlich auch vom DOSB benannt (ein Fortschritt), jedoch gibt es auch Aussagen, die es zu überprüfen und kritisch zu hinterfragen gilt.

Dokument bereitgestellt von Jens Weinreich (www.jensweinreich.de)

Das Eckpunktepapier fordert sowohl von den Athleten, künftig ihre Titel- und Medaillenausbeute markant zu erhöhen als auch eine effektivere Förderung realistischer Medaillenhoffnungen. Diese Ziele sind insbesondere im Hinblick auf die weitreichenden Dopingskandale dieses Jahres irritierend, da davon auszugehen, dass in vielen Sportarten die aktuellen Medaillengewinner nicht selten mit illegalen Mitteln aufs Podium gelangt sind. Max Hartung sagt dazu:

Ich empfinde bei allen Medaillenforderungen, gerade nach dem Russland-Skandal, einen faden Beigeschmack. In der jetzigen Situation finde ich es unverantwortlich, hohe Medaillenziele zu setzen und damit den Verband, den Verein, alle bis runter zum einzelnen Sportler existentiell unter Druck zu setzen. Zumal wir in Deutschland ganz sicher nicht den Erfolg um jeden Preis wollen, das hat auch unser Bundespräsident beim Empfang der Olympiamannschaft am Römer sehr schön gesagt“ (Dreis (FAZ), 2016).

Wieso diese medaillenorientierte Zielsetzung? Sollte ein neues deutsches System im Jahr der weltweiten Sportskandale (z.B. FIFA, IOC, Russland, TUEs (medizinischen Ausnahmegenehmigungen für Substanzen) usw.) nicht andere Ziele verfolgen? Ist es nicht Ziel, einen ehrgeizigen und sauberen Sportler zu fördern, der nach eigenen Bestleistungen strebt und das Land durch ein positives und sauberes Bild präsentiert? Der sich über einen 8. Platz genauso freut wie über eine Goldmedaille, auch wenn er keine Chance auf das Podium hatte? Auch die Achte/ der Achte der Welt kann ein Vorbild einer ganzen Nation sein, wenn es dafür eine Bühne gibt und Unterstützung gegeben ist.

Sollte eine neues Fördersystem nicht genau deshalb andere Ziele definieren als die der 70er Jahre, des kalten Krieges und der DDR? Auch dort ging es alleinig um Medaillengewinne um jeden Preis. Deutschland macht westliche Sportnationen zu Vorbildnationen, die nachweislich nicht sauber waren und sind.

Das Ziel, den Athleten in den Mittelpunkt der Förderung zu stellen, ist durch das neue Programm nicht ernsthaft zu erkennen. Zwar wird dies eindeutig propagiert, jedoch fehlen dafür die inhaltlichen Ideen und Zielvorstellungen. Eine ernsthafte, direkte und klare subjektorientierte Förderung von Spitzensportlern ist weiterhin nicht zu erkennen. Vielmehr wird weiterhin daran festgehalten, die Athleten über viele verschiedene Institutionen und Positionen zu fördern, sodass ein Großteil der finanziellen Förderungen gar nicht mehr beim Athleten ankommt. Die einfache und nicht abwegige Idee des Athletensprechers Hartung ist es:

„Zum Beispiel das Budget der Deutschen Sporthilfe zu verdoppeln. Das könnte man ja einfach mal machen, dann würde es den Sportlern besser gehen. Das würde direkt ankommen“ (Dreis (FAZ), 2016).

Die Sporthilfe ist eine der wenigen Institutionen innerhalb der deutschen Spitzensportförderung, die in den letzten Jahren durch ihre effektive subjektorientierte Förderung sowohl bei den Athleten als auch der Öffentlichkeit überzeugt hat. Besonders die große Transparenz der Deutschen Sporthilfe grenzt die Stiftung deutlich vom DOSB ab.

Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB

Dokument bereitgestellt von Jens Weinreich (www.jensweinreich.de)

Max Hartung hat am Donnerstag im Interview mit der FAZ die duale Karriere als den Anker für viele Spitzensportler hervorgehoben. Die duale Karriere liefert einen Ausgleich, gibt dem Sportler eine erfüllende Aufgabe nach der aktiven Karriere.

„Ja, das gibt eine unheimliche Sicherheit, und es hat mir vor allem aus dem Loch geholfen nach den Olympischen Spielen. Ich wollte in Rio unbedingt eine Medaille gewinnen. Und war nach dem frühen Aus auch echt betrübt. Aber als ich wieder hier war, ging es weiter mit der Bachelor-Arbeit. (…) Ich glaube, dass es ein gutes Gefühl gibt, wenn man weiß, ich habe noch ein anderes Feld, auf dem ich gut bin. Mir persönlich hat das sehr geholfen. Aber man muss es so integrieren, dass das jeweils andere nicht leidet. Bei mir hat es mit Einschränkung geklappt. Aber es war auch eine sehr harte Zeit. Ich habe mein Studium in der Regelstudienzeit durchgezogen “ (Dreis (FAZ), 2016).

Selbstverständlich ist eine duale Karriere kein Selbstläufer. Niemand, der bereits schon mal einer duale Karriere/ Ausbildung nachgegangen ist, weiß wie anstrengend ein solches Unterfangen sein kann. Jedoch auch Hartung erkennt, dass Spitzensport ohne eine berufliche Absicherung in Deutschland nicht möglich ist. Es wäre unverantwortlich und biographischer Selbstmord. Auch deshalb ist es so wichtig, die duale Karriere intensiv zu fördern. Speziell in den letzten Jahren wurde dies vom DOSB und den Verbänden versäumt. Es wurden keine hauptamtlichen Stellen zur Unterstützung von dualen Karrieren (z.B. studentischen Spitzensportlern) geschaffen. Das Eckpunktepapier betont nun abermals die Bedeutung der dualen Karriere für den Spitzensport und liefert Aussagen zur aktuellen Situation und der zukünftigen Ausrichtung. Einzelne Aussagen des Eckpunktepapiers werden nun analysiert und überprüft.

Die Aufgabe der Laufbahnberater

Hinsichtlich der Beratung der Athleten durch die Laufbahnberater erkennt das Eckpunktepapier richtigerweise:

„Es fehlt an einer langfristig angelegten Planung aus einer Hand; die Zielstellung, dass Laufbahnberater (LBB) Wegbegleiter der Dualen Karriere vom Zeitpunkt des leistungssportlichen Einstiegs bis hin zur nachsportlichen Karrierebetreuung sind, wird oftmals verfehlt. LBB an den einzelnen Olympiastützpunkten haben zu viele Athleten zu betreuen. Eine qualitativ hochwertige Betreuung ist daher wegen fehlender Kapazitäten oft nicht möglich. Es gibt keine einheitlichen bundesweiten Standards zur Sicherstellung einer qualitativ gleichermaßen hochwertigen Beratung. Insbesondere fehlt es an einer flächendeckenden bundesweiten Sichtweise und Kenntnis auch überregional bestehender Angebote.“

Diese Erkenntnis ist wichtig und wird schon seit Jahren von vielen anerkannten Wissenschaftlern bemängelt, jedoch fehlt es besonders an Lösungsvorschlägen seitens des Sports und in diesem Papier. Später in den Lösungsvorschlägen des Papiers wird folgendes auf Grund der zuvor präsentierten Erkenntnisse zum Laufbahnberater präsentiert:

„Lösungsvorschläge: a) Verbindliche Einführung einer langfristigen, individuellen Planung der Dualen Karriere. Ziel ist das Entwickeln und Vorhalten des komplexen und verbindlichen Angebots eines geschlossenen Systems, aus dem, koordiniert durch den LBB, ein individuell angepasstes Maßnahmen-„Bündel“ für den einzelnen Athleten „geschnürt“, d.h. geplant und umgesetzt wird. Voraussetzungen dafür sind u.a.:

  • die Weiterentwicklung / Präzisierung nationaler Standards zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen und individuellen Beratung,
  • die Betreuung der benannten Athleten durch die LBB an den Olympiastützpunkten mit dem Ziel einer langfristigen, individuellen Karriereplanung sowie eine Standardisierung der Planungsbestandteile und -abläufe. Erforderlich ist eine turnusgemäße Präzisierung / Aktualisierung dieser Karriereplanung,
  • der Ausbau der zentralen Steuerung durch den Aufbau einer Informationsstelle der Laufbahnberatung im DOSB, unter Beibehaltung der regionalen Verankerung an den Olympiastützpunkten. Sie sollte die Herstellung einer bundesweiten Sicht und die Kenntnisvermittlung auch überregional bestehender Angebote gewährleisten,
  • die perspektivische Differenzierung der Kadersportler. Die „Qualität“ der Förderung (Höhe, Intensität, Quantität) wird sich künftig stärker an der Perspektive der Athleten orientieren“ (Eckpunktepapier DOSB, 2016).

Mit Blick auf die Vielzahl an Serviceleistungen durch den Laufbahnberater führt das Missverhältnis zwischen der nur begrenzten Anzahl von Laufbahnberatern („nahezu 30“) (Deutscher Bundestag, 2010d, 42) und mehreren tausend A- bis C-Kaderathleten an den Olympiastützpunkten (auch nach der neuen Aufteilung der Kaderathleten) zu einem ausufernden Tätigkeitsumfang der Berater mit schlussendlicher Überforderung. Eine Lösung dieses Problems wird in dem Eckpunktpapier nicht geliefert. Vielmehr wird später im gleichen Papier folgendes Ziel formuliert:

„die Betreuung der (…) Athleten durch die LBB an den Olympiastützpunkten mit dem Ziel einer langfristigen, individuellen Karriereplanung sowie eine Standardisierung der Planungsbestandteile und -abläufe. Erforderlich ist eine turnusgemäße Präzisierung / Aktualisierung dieser Karriereplanung.“ (Eckpunktepapier DOSB, 2016).

Hier stellt sich eine für das Fördersystem entscheidende Frage: Wie soll dies konkret geschehen und wie sollen die wenigen Laufbahnberater auf die unterschiedlichen Gruppen an Spitzensportlern und deren individuelle Karrieremöglichkeiten eingehen?

  • Überlassen sie dem einzelnen Sportler die Entscheidung über eine duale Karriere?
  • Präferieren die Laufbahnberater bestimmte duale Karrieren aufgrund der spitzensportlichen Erfolgsaussichten (drängen sie Athleten in die Bundeswehr)?
  • Stellen sie für die vielen unterschiedlichen Karrieremöglichkeiten genug Expertise zur Verfügung?
  • Sind sie aufgrund der hohen Athletenzahl mit ihrer Schnittstellenfunktion überfordert?
  • Wie gehen die Stützpunktberater mit den Bedürfnissen der studentischen Spitzensportler um?
    • Sind ihnen die Gegebenheiten an den Universitäten vertraut?
    • Haben sie selbst studiert und kennen damit die spezifischen Belastungen eines Hochschulstudiums?
    • Kennen sie die speziellen Bedingungen der im Einzugsgebiet befindlichen Universitäten?
    • Sind ihnen die Grundvoraussetzungen für die einzelnen Studiengänge und Universitäten (Prüfungsordnungen, Studienordnungen, usw.) geläufig?
    • Kennen die Laufbahnberater die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge?
    • Können sie auf ein aktives Netzwerk innerhalb der Universitäten zurückgreifen? (Bendrich, 2015,123)

Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport

„In den Bereichen Schule, Hochschule und Unternehmen mangelt es an flexiblen Regelungen, die es ermöglichen, gleichzeitig eine schulische/berufliche und leistungssportliche Karriere zu beschreiten“ (Eckpunktepapier DOSB, 2016).

Hier lässt sich abermals eine widersprüchliche Denkweise seitens des DOSB erkennenà „Der DOSB als Dachverband und Koordinator des deutschen Leistungssports, der seinen Fokus aktuell auf die duale Karriere von Nachwuchssportlern bis zum Abitur gelegt hat, zeigt bis heute wenig Interesse am studentischen Spitzensport. Es reicht nicht, den studentischen Spitzensport als integralen Teil der Sportförderung zu benennen, ihn dann brach liegen zu lassen und dem geringfinanzierten, im Spitzensport relativ einflussarmen und eher dem Breitensport zugewendeten Hochschulsportverband adh zu überlassen. Auch die Fachverbände haben bis heute weder Konzepte noch hauptamtliche Spezialstellen zur Unterstützung der dualen Karriere entwickelt und entziehen sich so ihrer sozialen Verantwortung gegenüber ihren Athleten. Eine intensivere und effektivere Förderung des studentischen Spitzensports würde auf Seiten aller Verbände bedeuten, in Zukunft Opfer zu bringen, Kompetenzen und auch finanzielle Mittel zugunsten hauptamtlicher Beraterstellen an das Hochschulsystem abzugeben. Es ist die Aufgabe des organisierten Spitzensports und des Staates und weniger der Universitäten, die duale Karriere der studentischen Spitzensportler finanziell zu unterstützen. Der Verlust von Studenten im Spitzensport führt zum Verlust außergewöhnlicher Talente. Neben den Hochschulen selbst kann nur ein Strategiewechsel der Verbände und des DOSB für den studentischen Spitzensport eine Veränderung herbeiführen. Ohne dieses Umdenken wird sich an den Strukturen des studentischen Spitzensports wenig ändern. Den Verbänden muss ihre zukünftige Abhängigkeit von den studentischen Spitzensportlern bewusst werden. Ignorieren sie diesen wichtigen Personenkreis im Spitzensport weiterhin, wird sich das Inklusionsproblem der studentischen Spitzensportler nicht lösen lassen, das „Drop-Out“-Phänomen bestehen bleiben oder sich abermals vergrößern. Viele Athleten würden sich konsequenterweise für die Zukunftsabsicherung akademische Karriere entscheiden, anstatt sich dem individuellen Risiko Spitzensport auszusetzen. Der Hochleistungssport selbst ist gefordert, dem Verlust von Talenten entgegenzuarbeiten, denn er und nicht die Hochschulen werden zukünftig unter der Einbuße von Talenten leiden. Die Verbände müssen erkennen, dass sie den Universitäten Kompetenzen, Verantwortungen und finanzielle Mittel übertragen müssen, auch wenn dies bedeutet, dass die einzelnen Verbände dadurch Aufgaben und gleichzeitig Macht und Einfluss verlieren. Tun sie dies nicht, sind die Folgen für den Spitzensport eklatant“ (Bendrich, 2015, 410).

Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile

„Zudem ist eine flächendeckende Profilquote, die sicherstellt, dass Athleten das von ihnen gewünschte Studium in jedem Land und damit in der Nähe des geeignetsten Trainingsortes durchführen können, noch nicht realisiert. Lediglich acht Bundesländer haben eine solche Profilquote“ (Eckpunktepapier DOSB, 2016).

In den Lösungsvorschlägen ist dann folgender Satz zu finden: „Lösungsvorschläge: Empfohlen wird die Einführung einer „Hochschul-Profilquote“ in allen 16 Ländern, die sowohl für Bachelor- als auch für Masterstudiengänge greift (bevorrechtigte Zulassung für Spitzensportler bei der Studienimmatrikulation)“ (Eckpunktepapier DOSB, 2016).

 Dies gilt es zunächst wissenschaftlich zu überprüfen. So glauben Verbände und der DOSB, dass sich die Chancen für die Athleten aufgrund der eingeführten Profilquote verbessern. In der Praxis jedoch erschweren die Quoten Studentensekretariaten häufig die Zuteilung der gewünschten Studienfächer aufgrund der festgelegten Prozentsätze erheblich; es kommt dadurch an einigen Standorten zu einer Umkehrung des Vorteils in einen Nachteil und die studentischen Spitzensportler können nicht den gewünschten Studiengang antreten. Auch aus diesem Grund sollten diese Phänomene zukünftig näher beleuchtet und analysiert werden.

Förderung durch die Bundeswehr

„Schließlich werden die vorhandenen etwa 1.200 staatlichen Sportförderstellen bei Bundeswehr, Bundespolizei, Landesbehörden, Zoll und weiteren Partnern nicht optimal besetzt und genutzt:

  • Bei der Vergabe der Sportförderstellen erfolgt keine konsequente Priorisierung zugunsten der perspektivreichsten Athleten.
  • Auch bei der Prüfung der Verlängerung einer Sportförderstelle fehlt es an einer Evaluation dahingehend, dass Athleten, die kein „Medaillenpotenzial“ haben, eine Sportförderstelle wieder aberkannt wird“ (Eckpunktepapier, 2016).

Die aktuelle Förderung innerhalb der Bundeswehr ist nicht dafür bekannt, dass sie die Persönlichkeiten der Athleten in besonderem Maße weiterentwickelt und sie zu mündigen Athleten formt. Doch genau an dieser und anderen Fördermaßnahmen (um die 30 Mio. Euro) wird weiterhin festgehalten bzw. werden diese noch intensiviert. Ob die militärischen Berufsangebote noch zur Mehrzahl der Athleten passen, beantwortet das Strategiepapier nicht. Auch zur biographischen Absicherung trägt diese Art der Förderung nicht bei, da die meisten Athleten für den Spitzensport von militärischen Übungen und Ausbildungen freigestellt werden. Nun sollen diese Stellen in Zukunft besonders den Medaillenhoffnungen zu Gute kommen und alleinig vom sportlichen Erfolg abhängen.

Das „Scheinsoldatentum“ hat auch so auch Einfluss auf andere Lebensbereiche und schlussendlich auch auf die sportliche Leistungsfähigkeit. Bis vor 5 Jahren war ein paralleles Hochschulstudium in der Bundeswehr nicht gestattet (vgl. Bundeswehr, 2011, 8) und bis heute ist es lediglich unter bestimmten Voraussetzungen möglich (wenn sie mit Sport, Dienst und schlussendlich mit den Sichtweisen der Vorgesetzten (Trainer, Bundeswehr) vereinbar sind). Bis 2010 war eine Berufsausbildung bei einer Verpflichtungsdauer von unter 8 Jahren prinzipiell nicht möglich (vgl. Kuhlen/ Sarsky, 2009, 8). Seit 2010 gibt es die Möglichkeit von leistungssportgerechter Ausbildung/ Studium durch die Bundeswehr (vgl. Bundeswehr, 2013, 9), die wiederum unterstreicht: “Hierbei haben die Terminsetzungen des Dienstherrn Bundeswehr, insbesondere für die militärischen Ausbildungsgänge, als auch die sportfachlichen Vorgaben der Spitzenverbände Priorität“ (Bundeswehr, 2013, 5) (Bendrich, 2015, 89). Doch viel erschreckender ist folgender Satz des Eckpunktepapiers:

Auch bei der Prüfung der Verlängerung einer Sportförderstelle fehlt es an einer Evaluation dahingehend, dass Athleten, die kein „Medaillenpotenzial“ haben, eine Sportförderstelle wieder aberkannt wird“.

Damit wird deutlich, welchem Druck die Athleten ausgesetzt werden. Liefern sie nicht, soll die Förderung gestrichen werden. Das Gewinnen um jeden Preis wird damit forciert und es ist ein eindeutiger Beweis, dass Spitzensport in Deutschland zum Medaillensport verkommt und den Athleten zum Mittel des Zwecks degradiert.

Fortsetzung (Teil 4) folgt nächste Woche.

 

Dokument bereitgestellt von Jens Weinreich (www.jensweinreich.de)

 

Links zum Text:

 

Bundeswehr (2013): Spitzensportförderung in der Bundeswehr-Basisinformation. URL: http://www.google.de/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&cad=rja&ved=0CDYQFjAB&url=http%3A%2F%2Fwww.bundeswehr.de%2Fresource%2Fresource%2FMzEzNTM4MmUzMzMyMmUzMTM1MzMyZTM2MzEzMDMwMzAzMDMwMzAzMDY4NjUzNzM5Mzc2MTZjNjIyMDIwMjAyMDIw%2FBasisInfo_zur_Spitzensportfoerderung_neu_Bw.pdf&ei=nH_yUZLZLInDswaV6oGABQ&usg=AFQjCNFJY4dAkSxvyhuomANhzUZLstihLw&bvm=bv.49784469,d.Yms

Kuhlen, A., Sarsky, K. (2009): Bundeswehr, Bundespolizei oder Zoll? Was soll ich tun? Behördenbericht Olympiastützpunkt Bayern veröffentlicht durch Olympiastützpunkt Rheinland, URL: http://www.osp-rheinland.de/fileadmin/templates/user_upload/pdf/behoerdenbericht_osp_bayern.pdf, Zugriff: 30.09.2012.

DOSB (2016): Eckpunktepapier Leistungssportreform 26.09.2016[1], Bereitgestellt von: Jens Weinreich, URL: https://de.scribd.com/document/325503278/Eckpunktepapier-Leistungssportreform-26-09-2016-1#from_embed

Dreis, A.(2016): „Derzeit unverantwortlich, hohe Medaillenziele zu setzen“, IN: FAZ, Interview mit Max Hartung, URL: http://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/fechter-max-hartung-ueber-leistungssport-studium-und-geld-14457722.html.

Bendrich, B. (2015): Studentischer Spitzensport zwischen Resignation, Mythos und Aufbruch, Optimus Verlag.

Weinreich, J. (2016): Eckpunktepapier zur Neustrukturierung des deutschen Hochleistungssports und der Spitzensportförderung. URL: https://www.jensweinreich.de/2016/09/27/eckpunktepapier-zur-neustrukturierung-des-deutschen-hochleistungssports-und-der-spitzensportfoerderung/

Foto: John Hisgett , URL: https://www.flickr.com/photos/hisgett/6481423559/