Die Spitzensportförderung der Bundeswehr hat ausgedient – Warum Max Hartungs Worte so wichtig sind – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 9)

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Spitzensportförderung der Bundeswehr – Noch zeitgemäß oder ein Rohrkrepierer? (Foto: USArmy)

Die Förderung der Spitzensportler innerhalb der Bundeswehr besitzt innerhalb des DOSB bis heute Priorität und gilt im Dachverband als unangefochtene und effizienteste Form der Spitzensportförderung des Bundes. Zudem genießt diese Art der Förderung einen starken politischen und sportpolitischen Rückhalt. So sorgte das Interview des Athletensprechers Max Hartung in der vergangenen Woche für Aufruhr bei den Verbänden und Funktionären. Der neue Athletensprecher hatte die „Goldene Kuh“ des Dachverbandes diskreditiert und die seit Jahren bekannte Ineffizienz dieser Sportförderung öffentlich in einem Zeitungsinterview angesprochen.

Reaktion des Dachverbandes

Für die Funktionäre in Frankfurt war dies ein absolutes „No Go“. Beim Dachverband kam die Kritik des frisch gewählten Vorsitzenden der Athletenkommission nicht gut an, sodass sich der DOSB gezwungen sah, bereits wenig später eine Stellungnahme zu veröffentlichen und sich von den Aussagen Hartungs zu distanzieren. Der ehemalige Hochleistungssportler und Goldmedaillengewinner sowie heutiger Vizepräsident des DOSB Ole Bischof äußerte sich zu den Aussagen Hartungs, um die Wogen in der Öffentlichkeit zu glätten bzw. eine Diskussion im Keime zu ersticken. Die Stellungnahme im Wortlaut:

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Frust über das System Sportdeutschland – Die Teile 1 bis 8 – In 2017 geht es weiter…

Weitere Teile zur Spitzensportreform 2016/2017:

Teil 8: Der Zwang zum Staatssport – Die Spitzensportförderung innerhalb der Bundeswehr im Fokus. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/12/23/der-zwang-zum-staatssport-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-8/

Teil 7:“ Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“ – Wie unabhängig sollte eine Athletenkommission sein? Frust über das System Sportdeutschland (Teil 7) Link: https://derballluegtnicht.com/2016/12/01/das-geheimnis-der-freiheit-ist-der-mut-wie-unabhaengig-sollte-eine-athletenkommission-sein-frust-ueber-sportdeutschland-teil-7/

Teil 6: Spitzensportförderung – Es könnte so einfach sein – Das Spitzensportgeld – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 6) Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/29/spitzensportfoerderung-es-koennte-so-einfach-sein-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-6/

Teil 5 : Thema: Athletenfokussierung.Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-5/

Teil 4: Themen: Das Potentialanalysesystem PotAS und die Folgen bzw. Fragen, Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/07/die-potentialanalyse-potas-und-die-folgen-bzw-fragen-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-4/

Teil 3: Themen= die Dokumente zur Leistungssportreform, Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB, Die Aufgabe der Laufbahnberater, Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport, Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile, Förderung durch die Bundeswehr. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/30/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-3-das-eckpunktepapier/

Teil 2: Themen: Vorraussichtliche Fördersummen 2017,Leistungssportreform – Was bis heute bekannt ist, Die duale Karriere und der DOSB/ adh. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/25/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-2/

Teil 1: Themen=Ausbeute bei Olympia, die Athleten, das Strategiepapier, Die neuen Cluster 1-3, Kampf hinter den Kulissen. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/08/23/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-1/

Der DOSB und seine Spitzensportreform: Weniger ist mehr? Link: https://derballluegtnicht.com/2016/12/21/der-dosb-und-seine-spitzensportreform-weniger-ist-mehr/

Weitere Themen auf http://www.derballluegtnicht.com aus 2016:

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Foto (Quelle): https://www.flickr.com/photos/familymwr/28453220414/

Der Zwang zum Staatssport – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 8)

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Bundeswehrsoldaten (Foto: Andreas Cappell / modifiziert)

Kommentar: In dem folgenden Artikel geht es nicht darum, den Sportsoldaten in Misskredit zu bringen, sondern vielmehr strukturelle Schwächen dieser Fördermaßnahme aufzudecken. Auch geht es nicht darum, diese Fördermaßnahme in Gänze zu diskreditieren oder abzuschaffen. Vielmehr geht es darum, Fördersummen für den Spitzensport nach den tatsächlichen Berufsinteressen der Athleten zu verteilen. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass über 20% der Athleten Berufssoldaten werden möchten. Dieser Wunsch besteht in der Gesamtbevölkerung ebenfalls nicht. Sollte ein Athlet den Wunsch nach einer Karriere innerhalb der Bundeswehr haben, sollte er auch die Möglichkeit einer Berufsausbildung bei den Streitkräften erhalten, um somit auch nach der spitzensportlichen Karriere innerhalb der Bundeswehr arbeiten zu können.

Das Bundesministerium der Verteidigung erhält über 60 Millionen Euro für die Sportförderung der Bundeswehr, über die Hälfte werden exklusiv in die Spitzensportförderung investiert. Über ein Fünftel des aktuellen Gesamtetats für den Spitzensport in Deutschland ist somit für ca. 800 Athleten in der Bundeswehr. Die exklusiven Förderplätze werden durch den DOSB und das Streitkräfteamt in Relation zu den Förderkontingenten für olympische und nicht-olympische Spitzenverbände verteilt, dabei sind ca. 20 Millionen Euro der insgesamt über 30 Millionen Euro für Personalkosten der Spitzensportler vorgesehen (vgl. Bundesministerium des Inneren, 2011, Anlage 4).

Im Bundeswehrhaushalt wird die Fördersumme des Sports bzw. Spitzensports nicht explizit aufgeschlüsselt, was eine Effizienzüberprüfung auch nach der aktuellen Spitzensportreform unmöglich macht. Inoffiziell gehen Mitarbeiter jedoch von einer Gesamtsumme von bis zu 100 Millionen Euro im Jahr aus. Die Angaben der Bundeswehr belaufen sich auf rund 60 Millionen Euro. Diese Zahlen verdeutlichen die gute finanzielle Situation der Athleten während ihrer Karriere bei der Bundeswehr (vgl. Bendrich, 2015, 81).

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Der DOSB und seine Spitzensportreform – Weniger ist mehr?

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Goldmedaillen der Olympischen Spiele in London 2012 (photo: Tony Hiskett)

Kurz vor der Veröffentlichung des Teil 8 (23.12.2016, hier auf http://www.derballluegtnicht.com) der Serie „Frust über das System Sportdeutschland“ zunächst ein kurzer Überblick über aktuelle Entwicklungen im deutschen Spitzensport. Die Serie „Frust über das System Sportdeutschland“ wird in den nächsten Wochen weitere Teilaspekte der Spitzensportreform analysieren.

Das Ansehen des internationalen Spitzensports verliert auch in den letzten Wochen des Jahres weiter an Wert. Trotz der internationalen Skandale des Jahres 2016 und der umfangreichen Dopingvergangenheit in West- und Ostdeutschland scheint die Goldmedaille beim Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und dem Bundesministerium des Inneren weiterhin nicht an Anziehungskraft zu verlieren. Vielmehr werden durch die aktuellen Zielformulierungen nach mehr Medaillen vergleichbare dopingbehaftete internationale Systeme auch in Deutschland indirekt eingefordert. Der DOSB und das Bundesministerium des Inneren wollen den deutschen Spitzensport wieder international erfolgreich machen – mit einer Reform der Sportförderung, die Medaillen und den maximalen Erfolg in das Zentrum setzt. Doch bei den Sportlern herrscht Sorge und Ungewissheit. Viele Sportler haben Angst vor der Zukunft.

Von dieser Angst war jedoch auf der Mitgliederversammlung des DOSB weder etwas zu spüren noch zu hören. Vielmehr wurden am Freitagabend der Mitgliederversammlung jegliche Dissonanzen geglättet, sodass  bereits am Samstagmorgen die Einheit des organiserten Sportes abermals präsentiert werden konnte. Der Spitzensport (hinsichtlich seiner Verbände und Funtionäre)  stand  einmal mehr zusammen, um die Steuermillionen des Bundesministerium des Inneren zu erhalten. Die DOSB-Mitglieder haben die Spitzensportreform auf der 13. DOSB-Vollversammlung in Magdeburg mit überwältigender Zustimmung beschlossen. Für das umstrittene Konzept sprachen sich 433 der 439 anwesenden Mitglieder aus. Es gab lediglich fünf Enthaltungen sowie eine Gegenstimme durch die Deutsche Olympische Gesellschaft (DOG).

Abermals kam auch nach Ansicht der Deutschen Olympischen Gesellschaft und  des Präsidenten des Deutschen Behindertensportverbandes die Frage nach dem Wert des Sports innerhalb der Gesellschaft deutlich zu kurz. Eine einzige Gegestimme verdeutlicht den Ist-Zustand des organiserten Sports.

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„Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“ – Wie unabhängig sollte eine Athletenkommission sein? Frust über Sportdeutschland (Teil 7)

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Kette oder Ringe – Was ist der Olympische Gedanke?  (Photo: Ian Burt)

Eine Athletenvertretung, die ernstgenommen und auf Augenhöhe mit den Verbänden argumentieren möchte, muss vollständig unabhängig sein und sich die Worte Perikles’ zu Herzen nehmen. Aktuell setzen sich die Athletenvertreter zwar für eine Unabhängigkeit ein, aber mit dem Wissen, ein persönliches biographisches Risiko einzugehen, agieren sie vorsichtig. Die meisten Athleten sind traditionell Einzelkämpfer, verhalten sich aufgrund ihrer fehlenden Erfahrungen unmündig und zurückhaltend und werden nicht selten ausschließlich durch das System selbst beraten. Kritisches Denken kommt durch die gegebenen Machtstrukturen oft zu kurz. Zudem sind die Sportler in den aktuellen Strukturen des Systems sozialisiert und haben nur in diesem Rahmen Erfahrungen gesammelt. Sie wissen, dass jede Äußerung Auswirkungen auf die Förderung haben kann. Das Monopol der Verbände macht es einem Athleten unmöglich, sich unabhängig von einem Verband für sportliche Wettkämpfe zu qualifizieren. Kritische Athleten werden nach ihrer Karriere oft nicht für weitere Aufgaben im Spitzensport herangezogen. Zudem fehlen den Athletensprechern die nötigen zeitlichen und finanziellen Kapazitäten sowie die Legitimation einer echten Interessensvertretung, um dem DOSB die Stirn zu bieten.

Die Athleten bewegen sich in einem historisch gewachsenen System der Abhängigkeiten, das seine Athleten durch die Förderung über die Verbände hörig macht. Der Athlet wird durch die Fokussierung auf Medaillen weiter „entmündigt“. Sowohl national und international haben die Athleten bis heute keine eigene, unabhängige Stimme (keine Interessensvertretung bzw. international gibt es bereits Optionen, die sich jedoch bis heute auf Teilbereiche oder einzelne Sportarten beziehen). Sie werden durch das Monopol der Spitzenverbände klein gehalten und haben z.B. im DOSB hinsichtlich der Fragen der Vermarktung, die Athletinnen und   Athleten betreffen, lediglich Mitspracherecht, können z.B. während Olympia durch den Paragraphen 40 der olympischen Charta als Vertragsknechte bezeichnet werden, da sie lediglich für Unterkunft, Essen, Transport “entschädigt“ werden und parallel die Sponsoren ihres Dachverbandes präsentieren. Von den Einnahmen der Wettkämpfe erhalten sie nichts.

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Spitzensportförderung – Es könnte so einfach sein – Das Spitzensportgeld – Frust über das System Sportdeutschland (Teil 6)

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Leichtathletikevent im Berliner Olympiastadium (Foto @akiwitz /flickr)

Der DOSB und das BMI präsentieren in ihrem neuen Entwurf wenig neue Impulse. Die Förderung der Athleten soll weiterhin über die Verbände und verschiedenen Institutionen laufen (siehe Lieber Karriereende als Spitzensport (Der Ball  Lügt Nicht)) und erinnert in vielen Bereichen an die Sportförderung der DDR. Nicht der Athlet steht im Fokus, sondern die Medaille, und damit der Erfolg um jeden Preis. Wie in der Vergangenheit in den alten Förderprogrammen besteht die Gefahr, dass ein Großteil der finanziellen Mittel nicht bei den Athleten direkt ankommt. Einer echten Reform bedarf es neuer Wege, die den Finanzfluss transparent und die Athleten unabhängiger machen. Auch Spitzensportler sind unterschiedliche Lerntypen und Persönlichkeiten. Um den Einfluss der Athleten zu stärken, wäre die jetzt scheinbar angestrebte Unabhängigkeit der Athletenkommission vom DOSB mehr als sinnvoll (siehe Unabhängigkeit sieht anders aus (Deutschlandfunk)). Sie ist für zukünftige sinnvolle Förderungen von Athleten und einem transparenten Sport sogar ein Muss. Ohne diese Unabhängigkeit bleiben die Athleten weiterhin in den verstaubten Strukturen der Funktionäre/ Verbände gefangen. In den vergangenen Jahren war die Partizipation der Athleten stark limitiert.

Der folgende Vorschlag plädiert nicht für eine einzige Fördermaßnahme und will nicht alle aktuellen Strukturen kritisieren, sondern will vielmehr für unterschiedliche Fördermöglichkeiten werben, da nicht für alle Athleten die gleichen Voraussetzungen bestehen. Es muss auf die Vielfalt der Athleten Rücksicht genommen werden.

Eine Möglichkeit wäre in diesem Zusammenhang revolutionär und würde den Athleten nicht nur in den Fokus katapultieren, sondern seinen Einfluss als wichtigen Bestandteil des Spitzensports manifestieren und den Sportler gleichzeitig in die Verantwortung rücken.

„Die Variante des Spitzensportgeldes, die durch Langer (2006a/ b) für den Breitensport als „Sportgeld“ vorgeschlagen wurde, ist eine ernstzunehmende Alternative zur jetzigen objektorientierten Regelung. Die folgende Konzeption basiert auf Langers Überlegungen zum Sportgeld“ (Bendrich, 2015, 439). Das Spitzensportgeld ist eine direkte finanzielle Förderung ohne Zwischenstationen. Die Athleten erhalten die finanzielle Förderung direkt und müssen dann selbstständig über die Verwendung entscheiden; welche Personen und Institutionen sie damit finanzieren möchten. „Ein Spitzensportgeld ist personenbezogen, rückt die Spitzensportler ins Zentrum und fällt aufgrund der hohen Belastungen und Aufwendungen im Spitzensport höher aus als im Breitensport (vgl. Langer, 2006b, 59). Auch „(…) bei einer solchen Variante müssen Zwischenziele gesetzt werden, die zu einer höheren Wahrscheinlichkeit des Erreichens des Hauptziels, dem Erfolg in der dualen Karriere, beitragen. Eine Zweckbindung schließt eine generelle Wahlfreiheit des Athleten nicht aus.“ Somit „sollte bei einer vollständigen subjektorientierten Förderung ein Teil der Fördersumme in die vom Sportler selbst gewählte Ausbildung und der andere Teil in seine spitzensportliche Förderung fließen“ (Bendrich, 2015, 469). Die Förderung zielt auf die duale Karriere und nicht auf eine singuläre Karriere ab. Dem Athleten bleibt es überlassen, welche Ausbildung/ Beruf er ausüben möchte und parallel erhält er im Leistungssport die Entscheidungsfreiheit über Trainer, Trainingsort und Wahl der Wettkämpfe.

„Können sich die Athleten direkt für ein Spitzensportgeld bewerben und gehen die finanziellen Mittel unmittelbar an die Sportler, ist das Problem der objektorientierten Förderung, dass Zuweisungen nicht beim Einzelnen landen, nicht mehr im gleichen Maße gegeben“ (Bendrich, 2015, 469-470). In einem Interview mit dem Focus kritisierte Fabian Hambüchen „Die Verbände raffen lieber selber alles zusammen, was sie kriegen können, und geben uns Peanuts.(..) Ohne uns Spitzensportler aber würden die Verbände kein Sponsorengeld verdienen, also müssen die Sportler entsprechend vergütet werden“, forderte der 28-Jährige (siehe Focus (Kurzfassung), 2016).

Die Kritikpunkte durch Fabian Hambüchen würden durch eine solche Förderung wegfallen. „Eine direktere (…) Förderung der Nachwuchstalente wird geschaffen, bei der der Staat durch sein Eingreifen verteilungspolitisch aktiv wird (vgl. Eickhoff, 1993). Für spitzensportliche Leistungen sind Bedingungen wie Sportstätten, Sportausrüstungen, Trainer und Betreuer und ein Zeitbudget Voraussetzungen (vgl. Langer, 2006b, 62). Die Förderung der dualen Karriere erfordert wesentlich mehr. Wird das Spitzensportgeld parallel an ein Studium oder eine Berufsausbildung geknüpft, übernimmt der Staat seine Obhutspflicht und verdeutlicht die Absicht und Verantwortung, den Sportler als „Zweck“ der Sportförderung zu sehen“ (Bendrich, 2015, 470). Dies wäre eine moderne und transparente Sportförderung in einer weltoffenen und demokratischen Gesellschaft.

„Eine gezieltere Förderung scheint nur subjektorientiert möglich. Die Zahlungen werden unmittelbar an Sportler getätigt, unabhängig von der gewählten Ausbildung. Die Entscheidungs- und Handlungsfreiheit wird gefördert und der „mündige Athlet“ kann sich entwickeln. Auch hier sind Zielvereinbarungen zu definieren, die eine Kombination von sportlichen und bildungstechnischen Aspekten verlangen, jedoch wird der Sportler von diskriminierenden, nicht nachvollziehbaren verbandspolitischen Entscheidungen verschont. Auf diesem Weg gelingt es dem Staat, den einzelnen Athleten zu motivieren und finanzielle Einbußen auf dem Weg zum Spitzensportler zu unterbinden. Die Zielgenauigkeit kann gesteigert werden und der Fixpunkt des Systems wird der Spitzensportler selbst (Bendrich, 2015, 470).

„Das Spitzensportgeld für die duale Karriere wird zweckgebunden direkt an die Spitzensportler ausgezahlt. Die spitzensportlichen Aktivitäten garantieren dem Sportler staatliche, anteilige Erstattungen. Der Sportler selbst entscheidet, welchem System, das heißt welchem Verein und welcher Hochschule (als Ausbildungsbeispiel) oder Institution (z.B. Bundeswehr, Polizei) er sich anschließen möchte. Das Verbandssystem als Anbieter muss sich den Anforderungen der Athleten anpassen, der „Kunde“ Spitzensportler wird zum „König“ (vgl. Langer, 2006b, 68-69). Hinsichtlich des Umfangs des Spitzensportgeldes sollen Alter, Bildung, soziales Umfeld und Einkommen als limitierende Faktoren mit einbezogen werden. Um einen höheren Konkurrenzdruck zu schaffen und Kosten zu senken, sollten diese finanziellen Mittel auch an private und nicht verbandszugehörige Sportanbieter weitergeleitet werden dürfen. Der Spitzensportler entwickelt in dieser Situation ein Eigeninteresse, die finanziellen Mittel möglichst effektiv für verschiedene Dienstleistungen einzusetzen. Die Wahrscheinlichkeit des Missbrauchs wird minimiert.

„Für die Erstattung des Spitzensportgeldes müssen entweder administrative Strukturen und eine Spezialkompetenz geschaffen werden oder die Deutsche Sporthilfe könnte als bereits bestehende Institution eine solche Distribution übernehmen. Es erscheint sinnvoll, Obergrenzen für die unterschiedlichen Dienstleistungen (z.B. physiotherapeutische Betreuung) festzulegen, um so auch die Verbände bzw. Dienstleister zu einem Konkurrenzdenken zu zwingen. Auch in Zukunft ist eine Selbstbeteiligung seitens der Spitzensportler in diesem Modell wahrscheinlich. Hinsichtlich des Verwaltungsaufwands eines solchen Spitzensportgeldes können keine gesicherten empirischen Ergebnisse präsentiert werden.

Denkbar ist, das Spitzensportgeld in Kombination mit reduzierten objektsubventionierten Projekten innerhalb der Universitäten, Bundeswehr, Polizei, Zoll zu etablieren. Objektorientierte Programme sollten sich nach der Anzahl der Anfragen der Athleten richten und damit selbst begrenzen (Bendrich, 2015,470).

Hier finden sie die Links zu den ersten fünf Teilen der Serie „Frust über das System Sportdeutschland“.

Teil 5: Thema: Athletenfokussierung.Titel: Lieber Karriereende als weiterhin Spitzensport? – Um die es gehen sollte, geht es nicht! Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/12/lieber-karriereende-als-weiterhin-spitzensport-um-die-es-gehen-sollte-geht-es-nicht-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-5/

Teil 4: Themen: Das Potentialanalysesystem PotAS und die Folgen bzw. Fragen, Link: https://derballluegtnicht.com/2016/10/07/die-potentialanalyse-potas-und-die-folgen-bzw-fragen-frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-4/

Teil 3: Themen= die Dokumente zur Leistungssportreform, Die duale Karriere und das Eckpunktepapier des DOSB, Die Aufgabe der Laufbahnberater, Bildung und Spitzensport – Der studentische Spitzensport, Die Profilquote – Die Vor- und Nachteile, Förderung durch die Bundeswehr. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/30/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-3-das-eckpunktepapier/

Teil 2: Themen: Vorraussichtliche Fördersummen 2017,Leistungssportreform – Was bis heute bekannt ist, Die duale Karriere und der DOSB/ adh. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/09/25/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-2/

Teil 1: Themen=Ausbeute bei Olympia, die Athleten, das Strategiepapier, Die neuen Cluster 1-3, Kampf hinter den Kulissen. Link: https://derballluegtnicht.com/2016/08/23/frust-ueber-das-system-sportdeutschland-teil-1/

Literatur:

Langer, M. (2006a): Öffentliche Förderung des Sports: Eine ordnungspolitische Analyse. Berlin: Duncker & Humblot.
Langer, M. (2006b): Das Sportgeld: Instrument einer subjektorientierten Sportförderung. In: Thöni, E., Buch, M.-P., Kornexl, E. (Hrsg.) (2006): Effektivität und Effizienz öffentlicher Sportförderung. Schorndorf: Hofmann, 59-76.

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The Olympians

From 1964 to 2020

Moritz Cleve

University of Florida Doctoral Fellow

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