
Sport und Politik vermischen sich immer – auch in den sozialen Medien. Sportvereine tragen Verantwortung – auf und neben dem Court. Doch was passiert, wenn ihre Werte mit Strukturen kollidieren, über die sie kommunizieren? Das Problem: X (ehemals Twitter).
Unter Elon Musk ist X keine neutrale Plattform mehr, die unterschiedliche politische Positionen gleichberechtigt zulässt. Sie wird vielmehr gezielt genutzt, um Desinformation zu verbreiten und demokratische Strukturen zu destabilisieren. Bundesligavereine aller Sportarten, die X nutzen, legitimieren – bewusst oder unbewusst – diese Entwicklungen.
Aus soziologischer Perspektive sind Sportvereine, auch die Profivereine, mit ihrer engen Verbindung zum Breitensport (im Basketball z.B. über ihre Jugendteams JBBL, NBBL aber auch regionalen Teams), noch als wertsetzende Institutionen einzuordnen. Sie nehmen Einfluss auf den öffentlichen Diskurs und proklamieren sich selbst als Inbegriff von Diversität, Fairness und sozialer Verantwortung. Die fortgesetzte Präsenz der Vereine auf X lässt die Vermutung zu, dass sie das dort vorherrschende toxische Klima stillschweigend akzeptieren.
Gemäß der eigenen Darstellung ist der deutsche Basketball von Werten wie Gemeinschaft, Vielfalt und Respekt sowie vielen weiteren Eigenschaften, auch durch die international erfolgreichen Nationalspieler positiv geprägt. Eine Analyse der Inhalte der Plattform X ergibt, dass diese Prinzipien und Eigenschaften online auf X gravierend verletzt werden. So werden Hassreden, Diskriminierung und autoritäre Narrative verbreitet. Die Vereine tragen durch ihren Verbleib auf der Plattform dazu bei, dass auch ihre Fans weiterhin auf der Plattform verweilen, um die Höhepunkte und Informationen der Vereine nicht zu verpassen. Gleichzeitig sind sie, unter ihnen auch jüngere Fans, dadurch zunehmend der Desinformation und dem Hass der Plattform zwischen den Tweets der Vereine ausgesetzt. Die daraus resultierende Frage lautet: Wie ist diese Diskrepanz der Vereine/ Akteure zwischen Anspruch und Wirklichkeit zu erklären?
Welche Interessen beeinflussen die Vereine, auf X zu verbleiben, ist die hohe Weitreiche tatsächlich der Grund oder gibt es womöglich einen Interessenkonflikt, der für die Basketball-Bundesliga von Relevanz ist? Die Übertragung der Spiele über den Streaming-Dienst Dyn erfolgt unter massiver finanzieller Unterstützung durch den Springer-Verlag. Das Springer-Medienunternehmen war es auch, das in der deutschen Tageszeitung Die Welt Musk am Wochenende ermöglichte, eine Wahlempfehlung für die rechtsextreme Partei AfD abzugeben. Dieses Vorgehen des Medienhauses lässt sich nicht nur eine erhebliche Nähe vermuten, sondern muss leider auch als aktive Förderung von Musks politischer Agenda interpretiert werden. Soziologisch ist festzuhalten, dass Springer ein Akteur mit maßgeblicher Macht in der deutschen Medienlandschaft ist. Birgt die indirekte Verbindung zwischen Springer, Musk und der Basketball-Bundesliga das Potenzial, die Genese eines Systems gegenseitiger Abhängigkeiten zu bedingen, in dem sich die Vereine und die Liga in einem Feld bewegen, in dem sie Gefahr laufen, ihre Autonomie zu ignorieren bzw. zu verlieren? (Und das, obwohl Dyn selbst fast stiefmütterlich auf X agiert). Aber auch derartige Fragen bzw. Verstrickungen können den Verbleib in keiner Weise mehr rechtfertigen.
Ferner demonstrieren Vereine wie Alba Berlin das Gegenteil, dass sich sportliche Beteiligung der Jugend (Grundschulliga und Jugendkonzept z.B. in der Gropiusstadt) positiv auf die Berliner Gesellschaft auswirken kann. Ebenso beeindruckend ist die Jugendarbeit vieler anderer Vereine, wie z.B. den Hamburg Towers. All diese Initiativen stehen für Offenheit und Förderung.
Deshalb muss die Frage aufgeworfen werden, wie eine Liga, die sich als familienfreundlich, international und weltoffen darstellt, auf einer Plattform verbleiben kann, deren Symbolik das Gegenteil von Gemeinschaft und Toleranz verkörpert und alle sozialen Initiativen der Vereine untergräbt.
Jede weitere Nutzung von X generiert Traffic. Dieser Traffic generiert Umsätze für Musks Unternehmen, was es wiederum am Leben erhält. Der daraus resultierende Umsatz wird genutzt, um autoritäre Machtstrukturen weltweit zu stärken. Es obliegt den Vereinen, sich die Frage zu stellen, ob sie Teil dieses negativen digitalen Teufelskreises sein wollen. Aktuell posten Bundesligavereine und die Liga mehrmals täglich, mit ganz unterschiedlicher Reichweite. Aber ihre Reichweite als Liga inklusive der Vereine begünstigt den Erfolg der destruktiven Plattform, sodass sie eine institutionelle Mitschuld an der weiteren Entwicklung tragen.
Alternativen wie Bluesky bieten Potenzial, sind aber derzeit noch deutlich kleinere Marktteilnehmer. Die Basketball-Bundesliga könnte durch ihre Reichweite und ihre durchaus aktive Community bzw. Bubble (eine sehr sympathische) einen Beitrag zum Aufbau dieser Plattformen und zur Generierung medienbezogener Aufmerksamkeit leisten. Auf Plattformen wie Bluesky wird von den aktuellen Usern die Ankunft der Vereine und ihre Highlightvideos bereits mit Spannung erwartet. So haben Alternativen durchaus ein Win-Win Potenzial, wenn auch ehrlich nicht von Beginn. Es braucht Ausdauer.
Weiterlesen „Werte in Gefahr? Warum die Basketball-Bundesliga X verlassen muss“


Die Corona-Krise ist eine Offenbarung für die Elite des deutschen und internationalen Profisports. Die Maske des Humanitarismus fällt durch ein neuartiges Virus endgültig. Funktionäre, Verbände, Ligen und Athleten reagieren auf die Krise und zeigen, welche Interessen sie tatsächlich haben.
