Reform mit Rückenwind: Echte Athletenbeteiligung als Grundlage für eine besondere Win-Win-Win-Situation (Politik, Verbände, Sportler*innen) im Spitzensport 

Es ist bedauerlich, dass im deutschen Spitzensport immer wieder die Problemfelder diskutiert werden, obwohl Lösungen offensichtlich sind. In diesem Zusammenhang sei die Frage erlaubt, ob eine Verbesserung der Situation der Athlet*innen in Deutschland tatsächlich das angestrebte Ziel ist oder ob das bestehende Abhängigkeitsverhältnis der Athlet*innen von sämtlichen weiteren Akteuren lediglich aufrechterhalten werden soll. Dabei wären signifikante Veränderungen möglich, insbesondere unter der Prämisse der Einschränkung der Machtverhältnisse von Politik und Verbänden gegenüber den Athlet*innen.

Der neue Gesetzesentwurf der Staatsministerin Schenderlein ist Gegenstand intensiver Diskussionen. Der organisierte Sport zeigt sich besorgt darüber, dass dieser Prozess ohne umfassende Konsultationen mit dem DOSB initiiert wurde. Der DOSB kritisiert, dass die Garantie der Finanzierung durch das neue Gesetz ebenso wie die Passage zur Autonomie des Sports nicht mehr vorkommen. Doch sind das die gravierendsten Defizite des neuen Entwurfes? Vielmehr wird im neuen Entwurf die Rolle der Athlet*innen abermals falsch eingeordnet. Auch in der aktuellen Fassung des Entwurfes sind die Athlet*innen hinsichtlich Strukturreformen überwiegend beratend und marginal eingeordnet, obwohl sie es sind, die täglich erhebliche Kraft und Ausdauer in den Sport investieren und letztlich die Erfolge erzielen, um die es konkret geht. Ohne die Athlet*innen, auch als impulsgebendes Element, fehlt es dem neuen Fördersystem mit einer neu gegründeten „Sportagentur“ an demokratischer Legitimation.

Die aktuelle Konzeption formuliert den Anspruch, Deutschland als innovative und moderne Sportnation zu positionieren – eine große Herausforderung. Erfreulich ist, dass der Entwurf die individuelle Förderung von Athlet*innen vorsieht. Die Implementierung dieser Maßnahmen wird dazu beitragen, die Erfolgschancen deutscher Athlet*innen signifikant zu erhöhen und ihre Strukturen zu optimieren. Diese Veränderung ist ausdrücklich zu begrüßen. Gleichzeitig wird den Kompetenzen und der Expertise der Athlet*innen in den Entscheidungs- und Beratungsgremien weiterhin eine untergeordnete Bedeutung zugewiesen. Zwar wird der Verein Athleten Deutschland im Beratungsgremium der Stiftung mit einem Sitz vertreten sein, doch das ist wie schon in vielen Gremien zuvor, lediglich eine Stimme innerhalb eines zwanzigköpfigen Beratungsgremiums. Dies trägt nicht dazu bei, tatsächlich gestalterisch aktiv sein zu können.

Ein wesentlicher Kritikpunkt am Gesetzesentwurf ist die mangelnde Vertretung von Athlet*innen im Stiftungsrat. Damit haben sich die Einflussmöglichkeiten der Athlet*innen in der neu zu gründenden Sportagentur nicht verbessert. Athlet*innen sind weiterhin primär passive Rezipient*innen traditioneller Strukturen und Normen. Die Reduktion auf das „empfangende Organ“ vernachlässigt die Tatsache, dass Athlet*innen über eine ausgeprägte Gestaltungsfähigkeit verfügen. Dieses Desinteresse an den Athlet*innen ist überraschend, wenn man sich vor Augen führt, welche Veränderungen allein durch eine größere Einbindung der Athlet*innen möglich wären. Untersuchungen belegen, dass Athletenvertreter*innen, sofern sie in institutionelle Strukturen integriert sind und über erforderliche Ressourcen verfügen, effektiv agieren können. Durch solche Strukturen haben sie einen positiven Einfluss auf die Governance-Strukturen des Spitzensports und verringern Risiken wie Missbrauch im Sport (sexualisierte Gewalt, Missbrauch, Doping und gesundheitliche Vernachlässigung). Beispiele belegen, dass Systeme, in denen Athlet*innen effektiv involviert sind, zu nachhaltigen und fairen Entscheidungen tendieren. Die Partizipation der Aktiven trägt nicht nur zur Senkung der Missbrauchsrisiken bei, sondern stärkt auch die Legitimation der Förderpolitik. In Kanada, Großbritannien, Norwegen und Australien wurden die umfangreichen Potenziale von Athlet*innenvertretungen erkannt, mit entsprechender Stimmberechtigung in Spitzensportgremien. Eine derartige Entwicklung in Deutschland würde demnach eine Win-Win-Win-Situation für Politik, Verbände und Athlet*innen schaffen.

Doch in Deutschland bleibt ihre Beteiligung auf symbolischer Ebene begrenzt. Der deutsche Gesetzesentwurf sieht, bis auf den größeren Einfluss des Bundes, keine signifikanten Veränderungen im Hinblick auf die bestehenden Strukturen vor, sondern ist eher als eine Fortsetzung des Status quo in neuen Gewändern zu verstehen. Dies könnte zu einer Zunahme von Intransparenz, Vertrauensverlust und geringer Akzeptanz der Mitwirkung im deutschen Sportfördersystem führen. Dabei zeigte die Athlet*innenvertretung Athleten Deutschland in den vergangenen Jahren mit einer Vielzahl von Positionspapieren Vorschläge zur Reformierung der Sportförderstrukturen, dass es auch anders gehen könnte. Eine mit Ressourcen ausgestattete Athlet*innenvertretung kann einen positiven Einfluss auf die Debatten haben. Der konkrete Einfluss der Vereinigung auf politische Entscheidungen fällt nach wie vor zu gering aus. Gute Ideen werden demnach zwar in Positionspapieren konkretisiert, jedoch gelangen sie nur in seltenen Fällen in die Entscheidungsgremien, obwohl sie sich durch eine hohe inhaltliche Qualität und einen umfassenden Ansatz auszeichnen. Zudem wird seitens der Politik und des organisierten Sports außer Acht gelassen, dass Athletinnen mit den spezifischen Problemen der dualen Karriere vertraut sind, die Defizite der Förderstrukturen identifizieren, selbstkritisch sind, ihre Aktivitäten reflektieren und willens sind, Reformvorschläge zu erarbeiten. Es ist bedauerlich, dass das inhärente Potenzial für den deutschen Sport durch den neuen Gesetzesentwurf nicht genutzt werden soll. Die Implementierung solcher Veränderungen würde eine nachhaltige Transformation der Governance-Strukturen zur Folge haben. Die Effektivität und das Umsetzen von Reformen und Strukturverbesserungen hängen in hohem Maße von der Partizipation der Athlet*innen in relevanten Gremien ab. Eine Steigerung der Teilhabe ist daher von größter Bedeutung, um ein Fördersystem zu etablieren, das sich durch besondere Effektivität und Athlet*innenfreundlichkeit auszeichnet und in dieser Form bislang noch nicht realisiert wurde. Eine höhere Partizipation der Athlet*innen in Entscheidungsgremien (Sitz im Stiftungsrat und Vorstand, Erhöhung der Anzahl der Sitze im Sportfachbeirat, siehe unten) führt auch zu einer gesteigerten Transparenz (z. B. Kritik der Mittelvergabe durch den Bundesrechnungshof). Die Entscheidungsträger*innen sitzen in diesen Gremien und sind folglich den Förderempfänger*innen gegenüber rechenschaftspflichtig. Wer kann da etwas dagegen haben?

Nach zehn Jahren der Diskussionen sollten endlich Strukturen im Sinne der Athlet*innen geschaffen werden, die die Effektivität signifikant steigern. Im Folgenden sind einige konkrete Vorschläge für die neu zu schaffende Spitzensportagentur und ihre Struktur formuliert.

1. Einfügung in § 20 (Stiftungsrat) — direktes Sitzrecht
§ 20 Absatz 1 ergänzen um folgenden neuen Satz / Nummer:

„(…) 4. Ein Mitglied wird direkt von den aktiven Bundeskaderathlet*innen für die Dauer von vier Jahren gewählt. Dieses Mitglied ist stimmberechtigt und vertritt insbesondere die Belange der Athlet*innen in Aufsichts- und Personalfragen.

Kurzbegründung:

Der Stiftungsrat trifft oberste Entscheidungen (Haushalt, Bestellung des Vorstands, Satzungsfragen). Ein direkt gewähltes, stimmberechtigtes Athlet*innenmitglied schafft echte Aufsichtsbeteiligung statt reiner Beratung.

Direkte Vertretung der Athlet*innen sichert, dass ihre Interessen und Bedarfe in strategischen Entscheidungen (z. B. Budgetverteilung, Förderkriterien) auf höchster Ebene gehört und berücksichtigt werden.

Demokratische Legitimation durch Wahl der Kaderathlet*innen

Erhöht die Akzeptanz der Spitzensport-Agentur.

Internationale Vorbilder: UK Sport und das Australian Institute of Sport binden Athlet*innen in ihre Gremien ein.

Ergänzung/ Veränderung in § 21 Abs. 4 (Vorstand) wird ergänzt um Folgendes:

Der Vorstand besteht aus drei Mitgliedern (nicht mehr zwei Mitgliedern), von denen ein Mitglied auf Vorschlag von Athleten Deutschland e.V. (oder aller Kaderathlet*innen) bestellt wird und über besondere Expertise im Bereich der Athlet*innenförderung verfügt.

Kurzbegründung:

Fachliche Expertise im Vorstand sichert, dass Athlet*innenperspektiven bei Förderentscheidungen direkt einfließen.

Vermeidung von Interessenskonflikten: Das Mitglied sollte keine Verbandsfunktion innehaben, um unabhängige Entscheidungen zu gewährleisten.

Änderung in § 22 (Sportfachbeirat) – Quantität + Wahl
§ 22 Absatz 2 ersetzen / ergänzen:

Der Sportfachbeirat besteht aus 24 Mitgliedern. Die folgenden Organisationen haben ein Entsendungsrecht: … Zudem werden vier Sitze für Athlet*innen reserviert. Mindestens zwei dieser Sitze sind durch aktuell aktive Bundeskaderathlet*innen unmittelbar zu wählen; die übrigen zwei Sitze werden über den Verein Athleten Deutschland entsandt. Der oder die stellvertretende Vorsitzende des Sportfachbeirats soll aus den Athlet*innenmitgliedern stammen.

Kurzbegründung:

Wenn mehr Athlet*innen als Gruppe sichtbar sind, können sie stärker mitbestimmen, worüber gesprochen wird, und es verhindert, dass sie nur als Symbolfigur eingesetzt werden (siehe dazu auch Kihl et al, 2025).

Ergänzungen in § 21 Absatz 2 – Bindender Umgang mit Konsultationsergebnissen (Veto- oder Reviewrecht)

Die Ergebnisse des Konsultationsverfahrens mit dem Sportfachbeirat sind zu dokumentieren und öffentlich zugänglich zu machen. Weicht der Vorstand/Stiftungsrat von einer Empfehlung ab, hat er dies schriftlich und inhaltlich zu begründen. Lehnen drei Viertel der Athlet*innenmitglieder des Sportfachbeirats einen Vorschlag ab (greift der Veto bzw. Review-Mechanismus, siehe unten im Schaubild), so ist der Stiftungsrat verpflichtet, die Entscheidung mit Begründung erneut zu prüfen.

Kurzerläuterung:

So erhalten die Athlet*innen ein indirektes Veto- bzw. Reviewrecht. Dieses kann sogar noch verfeinert werden, indem man weitere Gremien (wie ein Athlet*innengremium) etabliert: Ein reines Athlet*innengremium könnte die Entscheidungen des Stiftungsrates verfolgen und Entscheidungen, die konkret die Athlet*innen betreffen, hinsichtlich ihrer Effektivität überprüfen und hat über die 4 Mitglieder im Sportfachbeirat (drei Viertel der Stimmen reichen für ein indirektes Veto bzw. Review, siehe unten im Schaubild) die Möglichkeit, die Vorschläge in das Gremium für eine Überarbeitung zurückzuschicken (siehe dazu auch Strengthening Athlete Power in Sport, 2023).

Ein solches indirektes Veto- bzw. Reviewrecht könnte alternativ aber auch im bereits bestehenden Sportfachbeirat etabliert werden – ohne ein Athlet*innengremium zu etablieren. Auch dort wäre die Dreiviertelregel anwendbar.

Neuer Absatz in § 14 oder § 22a zur finanziellen Absicherung der Athletenvertreter*innen
Die Spitzensport-Agentur stellt für die Funktionen der Athlet*innenvertretung und der Athlet*innenkommission angemessene finanzielle Mittel bereit; hierfür ist jährlich ein im Haushalt ausgewiesener Betrag bereitzustellen.

Kurzbegründung: Ohne Budget bleiben Athlet*innenbeteiligungsrechte in der Praxis wirkungslos.

Die obigen Vorschläge hätten zusätzlich noch weitere positive Effekte wie eine höhere Förderakzeptanz und Motivation, mehr Eigenverantwortung aufseiten der Aktiven sowie eine verbesserte Kommunikation zwischen Athlet*innen und den einzelnen Institutionen.

Wenn Deutschland über alle Parteien an einem großen Spitzensportwurf interessiert ist, kann nur eine größere Athlet*innenbeteiligung in allen entscheidenden Gremien das Ziel sein. Echtes Mitspracherecht, verankert in Gesetzen, ist das einzige Mittel, um über eine symbolische Beteiligung hinauszugehen.

Die Regel 50 – Ein heißer Sommer für das IOC? (Teil 2)

(Auszug)

Die kontroverse Diskussion zur Regel 50.2 der Olympischen Charta und die Entscheidung, die Regel zu erhalten, legen die Verlogenheit des IOC offen. Ein veraltetes Sportsystem schränkt über eine Regel die Rechte der Athlet*innen auf freie Meinungsäußerung ein, erkennt damit Grundrechte nicht an und unterdrückt sie. 

Bürgern, ob in Deutschland oder den USA, wird das Grundrecht der freien Meinungsäußerung zugesprochen, doch während der größten sportlichen Wettkämpfe weltweit, wird den gleichen Bürgern, nur diesmal in der Funktion der Athlet*innen unterwegs, dieses Recht durch den global mächtigsten und machtversessenen Verband IOC abgesprochen. Dem Verband kann eine Freiheits- und Demokratieverdrossenheit vorgeworfen werden. Wie ist dies innerhalb der weltweiten Staatengemeinschaft möglich? 

Das IOC ist nicht gegen Politik, sondern steht für eine bestimmte Art der Politik. Gesellschaftliche und soziale Kritik sind nicht erwünscht. Das IOC hat Probleme mit Protesten, die gesellschaftliche Ungleichgewichte und die Unterdrückung von Minderheiten anprangern. Sobald es zum Beispiel um das Thema Rassismus geht oder die Unterdrückung einzelner Bevölkerungsgruppen, will das IOC nicht Teil dieser Diskussionen sein. Der Status Quo und die Vorherrschaft der weißen Männer hat Vorrang (vgl. Boykoff, 2020).  

Erschreckend ist dabei, dass das IOC und die IOC-Athletenkommission trotz der vielen Gegenargumente an dem Verbot der freien Meinungsäußerung festhalten wollen. Damit widersprechen sie auch den Empfehlungen der eigens in Auftrag gegebenen Kommission zur Achtung der Menschenrechte im IOC.  Der Bericht fordert den Dachverband auf, die formulierten Vorschläge zu implementieren (siehe oben).  

Stattdessen erhebt sich das IOC mit dem weiterhin geltenden Verbot politischer Statements wie z.B. dem Tragen der Phrase „Black Lives Matter“, dem Hinknien oder gestreckten Faust, über alle demokratischen Instanzen. Zwar sind Rede- und Meinungsfreiheit bis heute keine absoluten Rechte, aber es nicht Aufgabe eines Verbandes, die Menschenrechte von Athlet*innen aus aller Welt zu definieren bzw. einzuschränken. Keine Umfrage kann dies rechtfertigen (vgl. EU Athletes, 2020). 

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Die Regel 50 und die Entmythisierung des apolitischen Sports (Teil 1)

In 2019 machten Athletenproteste auf ein weiteres polarisierendes Thema zur olympischen Charta aufmerksam. Proteste wie die der US-Amerikaner*innen Race Imboden und Gwen Berry, die sich bei den Pan Amerika Spielen 2019 in Lima mit den politischen Protesten Colin Kaepernicks und John Carlos/ Tommie Smith gegen Rassismus und Polizeigewalt solidarisierten, verdeutlichen, dass sich die olympische Bewegung intern uneins ist, wie mit politischen Äußerungen und Aktionen umgegangen werden soll.   

Was war der Hintergrund? Die Regel 50.2 verbietet Athlet*innen politische Statements abzugeben bzw. während der Olympischen Spiele zu protestieren. Die Regel lautet: „No kind of demonstration or political, religious or racial propaganda is permitted in any Olympic sites, venues or other areas“ (IOC, 2019). Die Regel zielt darauf ab, Politik aus den Olympischen Spielen herauszuhalten und sie zu einer reinen Sportveranstaltung zu machen, was jedoch bisher nie gelang.

Sollte politischer Protest bei Olympischen Spielen verboten bleiben? Ist es sinnvoll aus Sicht der Sportorganisationen grundlegende Rechte der Athlet*innen für eine bestimmte Zeit zu beschneiden? Kann man die freie Meinungsäußerung, ein Grundrecht in Demokratien, begrenzen, nur weil die Olympischen Spiele und das IOC historisch durch ihre Vorgaben und Traditionen als apolitisch gelten? 

In seiner Neujahrsansprache 2020 wies IOC-Präsident Bach darauf hin, dass das IOC keine politischen Äußerungen und Aktionen bei den Olympischen Spielen in Tokio dulden würde. Er begründete die Vorgabe mit dem Schutz der Olympischen Spiele und der politischen Neutralität der Olympischen Idee (vgl. Bach, 2020). Diese Einschränkungen gelten jedoch nur für Athlet*innen und nicht für die Gastgebernationen (siehe unten). Ein Widerspruch! Im Sommer 2020 kam es zu umfassenden Black Lives Matter Protesten. Grund waren die Tötung schwarzer US-Bürger*innen durch Polizeibeamte sowie Polizeigewalt und Rassismus. Viele Sportler*innen weltweit beteiligten sich an diesen Protesten und rückten das Thema der freien Meinungsäußerung auch im Spitzensportsystem in den Fokus. 

Sport und Politik zu trennen, wie die Charta und Bach formulieren, war und ist eine utopische Idee des IOC und hat mit der Realität wenig zu tun. Historische und aktuelle Beispiele belegen dies. Auch eine Vorgabe wie die Regel 50 der Olympischen Charta wird da nichts Grundlegendes ändern.  

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Die Offenbarung des kommerziellen Spitzensports – Die Gier des IOC ist größer als die Vernunft

no-olympics-202_45178817Die Corona-Krise ist eine Offenbarung für die Elite des deutschen und internationalen Profisports. Die Maske des Humanitarismus fällt durch ein neuartiges Virus endgültig. Funktionäre, Verbände, Ligen und Athleten reagieren auf die Krise und zeigen, welche Interessen sie tatsächlich haben.

Besonders besorgniserregend ist die Reaktion von Funktionären der reichsten Sportligen und -Organisationen, so national der Fußball-Bundesliga und international des IOC.

Fußballbundesliga-Funktionäre wollten während der existentiellen Krise an Geisterspielen festhalten, um eine weitere Tranche der Fernsehgelder zu erhalten. Bis zuletzt fanden Spiele noch unter der Beteiligung der Fans statt, obwohl das Virus z.B. rund um Stuttgart bereits grassierte und Mönchengladbach (beim Spiel gegen Dortmund) nur wenige Kilometer von der sehr betroffenen Virusregion Heinsberg liegt. Zu “Flattening the Curve” hat die Bundesliga nicht beigetragen, eher als Brandbeschleuniger – dies gilt es nach der Pandemie detailliert aufzuarbeiten. Die Bundesliga wurde durch öffentlichen Druck gestoppt, das Risiko eines zu hohen Imageverlustes des Produktes Bundesliga war der alleinige Grund für eine Saisonunterbrechung.

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Die multimilliardenschwere Kommerzmaschine Spitzensport bringt jedoch weitere soziale Konflikte zum Vorschein. Ist es gerechtfertigt, dass Sportstars der Bundesliga oder NBA aufgrund ihres “Marktwertes” übermäßig häufig als Vorsichtsmaßnahme auf das Coronavirus getestet werden, obwohl in vielen Regionen diese Tests für Schwererkrankte fehlen. Zwar argumentieren die Proficlubs damit, dass sie Vertragspartner im Gesundheitswesen haben und diese deshalb schnell und unkompliziert Tests ermöglichen. Doch ist ein solches Vorgehen gerecht und moralisch vertretbar? Könnten nicht genau diese Ressourcen anders genutzt werden? Gerade wenn die Verunsicherung in der Normalbevölkerung groß ist und nur bei klaren Symptomen eine Teststation aufgesucht werden darf. Sind dann solche medizinischen Privilegien gerechtfertigt? Aus wirtschaftlicher Sicht sicherlich, aus moralischer eher nicht.

Auch FIFA-Präsident Infantino gibt durch sein Handwaschvideo ein eigenartiges Bild in der aktuellen Krise. Er macht sich damit fast schon lustig über die weltweite Pandemie.  Will sich Mr. Infantino im symbolischen Sinne von allen möglichen Machenschaften reinwaschen? Infantino, der gerne für sich das Image des “Mr. Proppers” des internationalen Fußballs propagiert (der alles aufräumt und säubert), entpuppt sich aufgrund seiner korrupten Hinterzimmerdeals und seiner offensichtlichen Insensibilität vielmehr als “Mr. Improper”.

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IOC vs. Athleten

Getoppt wird das ganze aktuell nur noch durch das IOC. Das affärengestählte IOC – als weltweiter Dachverband – ist ein weiteres Beispiel für die Offenbarung des kommerziellen Spitzensports. Trotz eines vollständigen Lockdowns in vielen Staaten, hält das IOC an dem Termin der Olympischen Spiele im Sommer fest,  obwohl ein Ende der Pandemie nicht absehbar ist und die Athleten in vielen Ländern zurzeit nicht regelmäßig und unter professionellen Bedingungen trainieren und sich vorbereiten können. Durch den Host City Vertrag ist Tokio und die japanische Regierung hinsichtlich einer Verschiebung der Spiele machtlos, das letzte Wort hat immer das IOC. Der Host City Vertrag besagt, dass das IOC die Möglichkeit hat, die Spiele dem Gastgeber jederzeit zu entziehen (Seite 81), wenn das IOC das Gefühl hat, die Teilnehmer werden nicht ausreichend geschützt und einem unnötigen Risiko ausgesetzt. Der aktuelle Virus wäre ein triftiger Grund die Spiele zu verschieben oder ganz ausfallen zu lassen. Versichert wäre das IOC auch, jedoch geht es nicht nur um aktuelle, sondern besonders um zukünftige Einnahmen – die Gier ist größer als die Vernunft. IOC-Chef Bach scheint entgegen der wissenschaftlichen Erkenntnisse zu glauben das hochansteckende Virus mit tiefeinschneidenen gesellschaftlichen Konsequenzen sei bis zum Sommer besiegt. Es besteht die Möglichkeit die Spiele zu verschieben, dies wird bisher partout abgelehnt. Hinzukommt, dass in zahlreichen Staaten, aus nachvollziehbaren Gründen, die Dopingtests zurückgefahren (z.B. Deutschland) oder ausgesetzt (z.B. China) werden mussten – aber auch diese Tatsache ist kein Argument für das IOC, eine Verschiebung in Erwägung zu ziehen. Dies erhöht jedoch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Athleten unterschiedlich gut auf den Saisonhöhepunkt vorbereiten können und womöglich bei illegalen Methoden aktuell noch “unentdeckter” bleiben. Auch ein “Jahr der Doper” scheint dem IOC keine Sorgen zu bereiten. Ist das IOC an effektiven Dopingtests interessiert oder wird das IOC weiterhin von Profitgedanken mit umfangreichen Verträgen geleitet?

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German and international athletes within the power structures of elite sports- breaking the barrier of neglect – #ptg2019

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Implictaions for the future (selection)

implications for the future

 

The Rule 40 decision in Germany

To read everything about the Rule40 decision – click here

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The Disconnection of athletes commissions around the world and the IOCAC

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Full presentation download here

Presentation Benjamin Bendrich – Play the Game 2019 – Colorado Springs FINAL

Caster Semenya vs. IAAF

Ein Zeitstrahl

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Die IAAF verpflichtet Läuferinnen mit intersexuellen Anlagen, einen Testosterongehalt von fünf Nanomol pro Liter Blut nicht zu überschreiten. Nach Angaben der IAAF soll ein Wettbewerbsvorteil verhindert werden. Um weiter an Wettkämpfen teilnehmen zu können, müssten sich Athletinnen wie die zweimalige Olympiasiegerin Semenya einer Hormontherapie unterziehen, um ihre Testosteronwerte zu senken. Sie lehnt dies ab und geht gegen die Entscheidung vor. Eine ausführliche Analyse zum Fall Semenya gibt es demnächst auf http://www.derballluegtnicht.com und http://www.derballluegtnicht.de

IOC President Thomas Bach answers question about athletes‘ representation at the Athletes Forum 2019

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High Quality Download (for Reading) Bach Statement

An extensive article about rule 4O of the Olympic Charta and the decision of the German Cartel Office that changes need to be made to allow athletes to profit from the Games can be read here. The article is written in English and in parts written in note form. It was first published on www.derballluegtnicht.com .

Athletes‘ Rights in 2018: Indentured Servitude in Global Elite Sports – Rule 40 as a Textbook Example – Athletenrechte in 2018 (UPDATE)

Gold, und dann? Weniger als Mindestlohn – Die Realität im deutschen Spitzensport

gold-5c-20und-5_36440513Deutsche Athleten, so wird der Öffentlichkeit häufig suggeriert, profitieren von ihrem Sport und können sich finanziell über diesen absichern. Diese Annahme wird durch deutsche Stars wie Mesut Özil, Dirk Nowitzki, Angelique Kerber oder Mats Hummels sowie internationale Top-Stars in den jeweiligen Sportarten und die starke Kommerzialisierung des gesamten Sports gestützt, doch dies ist für die Mehrzahl der deutschen Athleten fernab jeglicher Realität. Fußballern und einer geringen Anzahl von Athleten anderer Sportarten, oft Ausnahmeathleten einer ganzen Generation, gelingt eine Absicherung durch den Leistungssport. Für alle anderen Spitzensportler ist der wirtschaftliche Professionalisierungsgrad verschwindend gering, die Partizipation am Leistungssport ist ein soziales und persönliches Risiko (Update, urspr. Bendrich, 2015).

Breuer, Wicker, Dallmeyer und Ilgner kommen in ihrer aktuellen Studie1 zu sozialen Rahmenbedingungen deutscher Spitzensportler zu dem Ergebnis, dass die befragten deutschen Spitzensportlern durchschnittlich eine 60-bis-70-Stunden-Woche zu absolvieren haben und ihnen 18.680 Euro brutto (Männern = 19.390 €, Frauen = 17.750 €) im Jahr bzw. 1556 € pro Monat zur Verfügung stehen (vgl. Breuer et al, 2018, 1-2, 41). Die Topverdiener z.B. aus Profiligen (z.B. Profis aus Spielsportarten, Profi-Wintersportler und besonders erfolgreiche Sportler) sind in die vorliegenden Berechnungen nicht mit einberechnet. Zwar würden sie die Zahlen nach oben verändern, jedoch würden sie nicht mehr das Problem der vielen Leistungssportler widerspiegeln.

Entlohnt wird dieser Gruppe der Spitzensportler im Schnitt mit 7,41 Euro pro Stunde (2010 = 7,38€) – der gesetzliche Mindestlohn liegt bei 8,84 Euro (vgl. Breuer et al, 2018, 36). Viele von diesen Athleten verdienen deutlich weniger. Es gibt Fälle in denen Nachwuchsathleten Hartz IV als zusätzliche finanzielle Unterstützung benötigen um ihren Sport ausüben zu können.  Im Vergleich dazu stehen z.B. dem deutschen Studenten laut der neue Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks im Mittelwert 918 Euro an Einnahmen zur Verfügung (vgl. FAZ, 2017).

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